Aus prinzipiellen Erwägungen halte ich das Konzept der "wehrhaften Demokratie" durchaus für sinnvoll und in seinem Kern auch nicht "antidemokratisch", wie es hier bezeichnet wurde. Die Demokratie darf sich nicht einzig und alleine am Grad der Mitbestimmung messen, die das Volk ausüben kann, sie muss auch ihr eigenes Fortbestehen sichern, allein aus dem einfachen Grund, dass alle anderen Regierungsformen inhärent undemokratisch sind. Die Demokratie kann sich nicht komplett für ihre eigenen Ideale aufgeben, beide Fälle führen zu einem potenziellen Demokratieverlust, jetzt muss man abwägen, welcher dieser Verluste schwerer wiegt. Wer denkt, der mögliche absolute Verlust aller demokratischen Strukturen, wie wir ihn in Deutschland bereits einmal erlebt haben, wiegt auf, dass sich die Demokratie selbst weiter aufweicht, dem kann ich nicht bis zum Ende seines Gedankenganges folgen, aber das kann auch nur das Ergebnis unterschiedlicher Einschätzungen sein.
Die Demokratie muss sich selbst ein Regelwerk auferlegen, an das sie sich selbst zu halten hat, gleichzeitig sollte dieses Regelwerk Änderungen unterworfen sein, denn die Zeit geht nie spurlos an ihm vorüber: was heute noch richtig erscheinen mag, kann morgen als ungerecht gesehen werden. Aber oberstes Ziel muss immer der Fortbestand der Demokratie sein, zumindest so lange kein System erdacht worden ist, das nachweislich besser funktioniert.
Die Realpolitik gebietet, dass sich eine Demokratie nicht alleine auf ihre Bürger verlassen kann, deshalb muss sie sich selbst schützen und im Zweifelsfall auch verteidigen können.
Original geschrieben von agra
Da die damaligen Richter auch heute noch im Amt sind und nach Aussage der Verantwortlichen im Verfassungsschutz man die Überwachung nicht in dem Maße einschränken kann, wie von den Richtern gefordert, weil man damit den Staat gefähren würde, ist die Dabatte über eine Wiederaufnahme des Verbotsantrags zum jetzigen Zeitpunkt natürlich Unsinn.
Meine Überlegungen sind indessen grundsätzlicher Natur - je schneller diese "Partei" verboten wird, desto besser.
Das ist dein Lösungsansatz? Wir konnten unser Anliegen wegen technischer Schwierigkeiten nicht durchführen, deshalb warten wir jetzt einfach, bis sich die Judikative darauf einstellt? Wenn das Verbot tatsächlich so dringend wäre, wie du denkst, wäre das ein enormes Wagnis, das man nicht so einfach eingehen kann. Mal ganz abgesehen davon, dass du davon ausgehst, dass das Verbot in der Hauptverhandlung eine Formalität gewesen wäre, wobei die Richter, die der Sperrminorität nicht zugestimmt haben, erst mal die Hauptverhandlung abwarten wollten, um zu sehen, ob die NPD von V-Männern gesteuert wird, über die tatsächliche Verfassungsfeindlichkeit der NPD wurde noch überhaupt kein Urteil abgegeben. Falls der NPD als Ganzes die Verfassungsfeindlichkeit nicht nachgewiesen werden kann, rechtfertigt jedoch auch die politische Lage kein Verbot, egal wie akut. Hier kann es keine Abwägungen mehr geben, entweder die NPD ist verfassungsfeindlich, dann muss sie so schnell wie verboten werden oder sie ist es nicht, dann wird man lernen müssen, sich mit ihr politisch auseinanderzusetzen, sowieso etwas, was in der momentanen Problembehandlung viel zu kurz kommt. Dass mit einem Verbot, selbst wenn es rechtens wäre, nicht viel erreicht würde, müsste aber eigentlich auch klar sein. Außer vielleicht dass der Empörung Einzelner darüber, dass die Demokratie eben nicht immer so einwandfrei funktioniert, wie man es selbst gerne hätte (speziell wenn man Mitglied der etablierten Parteien ist), Rechnung getragen wäre. Aber das kann nicht die Maxime sein, nach der ein Rechtsstaat handelt.
Die Wahlergebnisse können nie zeigen, ob ein Verbot gerechtfertigt ist oder nicht, das kann nur ein Blick auf die Partei selbst.
Ob die Verfassungsfeindlichkeit mehrerer Strömungen ausreicht, um sie als Partei zu verbieten, kann ich nicht sehr gut beurteilen, deshalb enthalte ich mal einer konkreten Aussage hierüber. Aber es wäre mir lieber, die Politik würde die NPD über den regulären Weg demokratischen Parteien, über den Diskurs, unwählbar machen, statt über den Umweg eines Verbots. Ich kann einfach nicht glauben, dass die Bundesrepublik, der es so gut geht, nicht in der Lage ist, einen kleinen Kreis von überzeugten Extremisten und einen großen Kreis von Enttäuschten im Zaum halten zu können, sei es ob der wirtschaftlichen Prosperität (die in keinem Verhältnis zu den Anfangsbedingungen ihrer Existenz steht, die noch nicht mal eine durchschnittliche Lebensdauer einer ihrer Bürger beträgt) oder der Aufzeigbarkeit historischer Beispiele. Das wäre für mich eigentlich ein ebenso großes Armutszeugnis wie die Tatsache, dass die NPD Sitze in zwei Länderparlamenten belegen kann.
Original geschrieben von Creed
Ich bin jedoch auch für Demokratieschutz. Die Weimarer Republik ist nicht zugrunde gegangen weil die verfassung Fehlerhaft war was ihren eigenen Schutz betraf.
Doch, das war sie. Aber sie bot auch Möglichkeiten, die Katastrophe zu verhindern, die sich zugetragen hat, nur waren die Protagonisten der Weimarer Republik gegen Ende einfach nicht Willens, sie ihrem Sinn und der Notwendigkeit entsprechend anzuwenden.