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Gefangenenaustausch Israel - Hizbollah

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UliSchleicher
Cadavre
Cadavre
Beiträge: 3328
Registriert: Mai 2002

Gefangenenaustausch Israel - Hizbollah

Beitrag von UliSchleicher »

Hi,

wie seht ihr den kürzlich vollzogenen Austausch zwischen Israel und der islamistischen Hizbollah? Warum hat sich Israel auf diesen - in meinen Augen - krass asymmetrischen Deal eingelassen? Und vor allem: Wie sind die Auswirkungen auf den Friedensprozess zu bewerten?

Es wurden zwei tote israelische Soldaten gegen 199 tote Libanesen und Palästinenser sowie 5 Terroristen ausgetauscht, unter ihnen Samir Kuntar der 1979 fünf Israelis (u.a. ein 4jähriges Kind!) getötet hat und nun, nach seiner Freilassung, wieder in Militäruniform herumläuft.

In meinen Augen ist der Deal aus israelischer Sicht ein schwerer Fehler und aus der Sicht der Hizbollah und (großen?) Teilen der libanesischen Gesellschaft ein zu Recht perzipierter Sieg.

Der Grund für den Austausch ist wohl die israelische Maxime niemals einen eigenen Soldaten in den Händen der Feinde zurückzulassen - auch wenn er tot ist. Das ist zwar menschlich nachvollziehbar und löblich, aber trotzdem: wenn man sich im Krieg mit einer terroristischen Organisation wie der Hizbollah befindet, darf man den Gegner doch nicht derart aufbauen, oder?

Ein derartiger asymmetrischer Austausch macht in meinen Augen NUR Sinn, wenn sich die terroristische Organisation schon in einem Zerfallsprozess befindet, um eben diesen durch versöhnliche Gesten zu beschleunigen. Für einen Zerfallsprozess der Hizbollah gab und gibt es allerdings keine Anzeichen. Eher im Gegenteil. Zu befürchten ist nun, dass weitere Entführungen und Provokationen seitens der Hizbollah folgen. Sie wissen, dass sie mit derartigen Aktionen eigene Leute freipressen können und haben durch die Freilassung des (allem Anschein nach immernoch fanatischen) Samir Kuntar einen neuen Helden in den eigenen Reihen.

Das einzige was den Israelis an diesem Gefangenenaustausch genutzt hat ist ein gewisser moralischer Vorsprung gegenüber der Hizbollah. Aber war das eine derartige Stärkung der Hizbollah wert?
In meinen Augen nicht und wir werden sehen wie sich die Lage dort unten weiterentwickelt, ich prophezeie einfach mal, dass die Hizbollah gestärkt aus dem Deal hervorgeht und über kurz oder lang eine weitere Eskalation provozieren wird...

Nur so ein paar Gedanken. Vielleicht ist ja jemand hier, der mir sagen kann, warum der Gefangenenaustausch für die Israelis einen Sieg darstellen sollte oder wenigstens (was ja der eigentliche Sinn derartiger Aktionen ist) ein gerechtes und gleiches Geschäft, das die Wogen glättet.


mfg
Zeyall
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Beiträge: 5678
Registriert: Jul 2004

Beitrag von Zeyall »

http://www.faz.net/s/Rub0D783DBE76F14A5 ... ss_aktuell

ganz guter bericht darüber.

aber ich verstehe es auch nicht ganz. man hört ja immer, dass regierungen keine verhandlungen mit terroristen oder geiselnehmern (in dem fall tote geiseln) machen soll, und hier lassen sie gefangene terroristen frei. ich selbst kenne mich mit der thematik und dem konflikt zu wenig aus um wirklich was dazu beitragen zu können, aber schließe mich deiner frage an.
Gustavo
Q3 Bronze
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Re: Gefangenenaustausch Israel - Hizbollah

Beitrag von Gustavo »

Original geschrieben von Uli Schleicher
Das einzige was den Israelis an diesem Gefangenenaustausch genutzt hat ist ein gewisser moralischer Vorsprung gegenüber der Hizbollah. Aber war das eine derartige Stärkung der Hizbollah wert?
In meinen Augen nicht und wir werden sehen wie sich die Lage dort unten weiterentwickelt, ich prophezeie einfach mal, dass die Hizbollah gestärkt aus dem Deal hervorgeht und über kurz oder lang eine weitere Eskalation provozieren wird...

Nur so ein paar Gedanken. Vielleicht ist ja jemand hier, der mir sagen kann, warum der Gefangenenaustausch für die Israelis einen Sieg darstellen sollte oder wenigstens (was ja der eigentliche Sinn derartiger Aktionen ist) ein gerechtes und gleiches Geschäft, das die Wogen glättet.

Nun, schwer zu sagen. Letztendlich bleibt festzuhalten, dass der objektive Nutzen für beide gering ist: Leichen gegen Leichen und 5 Terroristen. Was zählst, ist der ideelle Wert. Ist schwer zu sagen, was da wertvoller war. Allerdings muss man auch sehen, dass Samir Kuntar einen Mann und seine 4-jährige Tochter völlig bewusst ermordet hat. Wer nicht sowieso schon zur Hizbollah neigt (und Nasrallah zieht die Leute da ja scheinbar magisch an), wird sich vermutlich dadurch bestenfalls nicht tangiert sehen.

Für Israel ist das immerhin insofern ein positives Signal, als das eine (zwangsweise) militarisierte Gesellschaft ist. In einem Staat, in dem alle Männer und Frauen (jüdischen Glaubens) einen 3 bzw. 2-jährigen Wehrdienst leisten müssen, ist es wohl durchaus sehr wichtig, zu wissen, dass der Staat bedingungslos hinter einem steht. Andererseits ist es wohl auch so, dass Israel tatsächlich sehr irrational handelt, wenn es um seine Angehörigen geht. Insgesamt ist meine Vermutung, dass der Deal insgesamt doch eher negativ wirkt, weil dadurch potenzielle Geiselnehmer nur ermutigt werden, aber bei weitem nicht so negativ, wie es den Anschein hat.
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