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'Eines Spielfelds' / 'Eines Spielfeldes' ?

Ein Forum für Diskussionen rund um die deutsche Sprache.
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The ManDay

'Eines Spielfelds' / 'Eines Spielfeldes' ?

Beitrag von The ManDay »

Was ist was? Spielfeldes ist falsch, richtig?
wildtollwut
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Beiträge: 1031
Registriert: Mär 2003

Beitrag von wildtollwut »

es geht beides ;)
Gründungsmitglied und Vorstandsvorsitzender der ersten offziellen PQ.de-Exorzisten-(CS-Austreiber)-Offensive.
Bild
Drehzahl

Beitrag von Drehzahl »

> Was ist was?
Beides ist der Genitiv, einmal mit -s und einmal mit -es.

> Spielfeldes ist falsch, richtig?
Falsch. Beides ist richtig.

Schade, daß Du Spielfeldes als falsch betrachtest, denn es ist für mich das klangvollere Wort. Wie beim Dativ-e (dem Hause) sind aber auch beim Genitiv-s beide Möglichkeiten richtig – und wenngleich inbesondere das Dativ-e aus der Mode gekommen ist, ist es oft die schönere, klangvollere und rhythmischere Variante.

Näheres zum Genitiv-s findest Du hier:
http://teachsam.biz/deutsch/d_lingu/synt/faqs/faq_1.htm
anday
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Beitrag von anday »

Ui.. gerade wollte ich hier doch tatsächlich ein Topic für die Frage "Projekts oder Projektes?" aufmachen.

pq.de - da werden Sie geholfen!
Original erstellt von bungholio
(kA ob das stimmt/richtig geschrieben is was ich meine was da richtig ist was sein könnte.... ehm, k)
The ManDay

Beitrag von The ManDay »

Original geschrieben von anday
Ui.. gerade wollte ich hier doch tatsächlich ein Topic für die Frage "Projekts oder Projektes?" aufmachen.

pq.de - da werden Sie geholfen!
Projektes ist falsch.




:ugly: [small]scnr[/small]
Drehzahl

Beitrag von Drehzahl »

Wieso ist das falsch? Ist es nicht.
agra

Beitrag von agra »

Wie schon erwähnt wurde, ist beides richtig; ich entscheide von Fall zu Fall, welche Form ich verwende: bei »hochoffiziellen« Texten finde ich den Genitiv mit »es« besser, im privaten Bereich finde ich ihn teilweise ein wenig geschwollen - aber prinzipiell bleibt das jedem selbst überlassen.
The ManDay

Beitrag von The ManDay »

Wie groß hätte ich den ugly und das scnr noch machen sollen? Wie auch immer: Ich stimme agra zu, dass das -es das Wort zu sehr aufbauscht und es verlägert. Finde ich sowohl im privaten Bereich - dot jedoch besonders - aber auch generell übertrieben das Wort auf Grund im Schatten stehender, wenn überhaupt vorhanden sein sollender Grüne um eine ganze Silbe zu verlängern. Ausnahmen bestätigen auch hier meiner Meinung nach, wie im Fall 'Haus und Hauses', wo das Wort stammmäßig mit einem -s endet, die Regel.
Beim Dativ-e ist die Sache wiederum nicht so tragisch. Hier finde ich, wie auch du, Drehzahl, dass das angehängte -e dem Ganzen einen melodischeren Klang verleiht und nicht zu sehr streckend wirkt.
Drehzahl

Beitrag von Drehzahl »

> Wie groß hätte ich den ugly und das scnr noch machen sollen?
Beliebig groß, ich verstünde sie dennoch nicht an dieser Stelle.

> Finde ich sowohl im privaten Bereich [...] übertrieben das [...]
> um eine ganze Silbe zu verlängern.

Ich nicht, denn Sprache ist nicht Effizienz, sie ist vielmehr Klang
und Rhythmus. „Eines Tages ging sie“ ist etwa immer „eines Tags
ging sie“ vorzuziehen, und ich widerspreche da Agra: Der Text
spielt weniger eine Rolle, das Wort ansich ist von Bedeutung.

Der folgende Satz hingegen ist unnötig gestreckt:
„wo das Wort stammmäßig mit einem -s endet“

Endungen wie -mäßig sollte man möglichst vermeiden, sie sind
schlechter Stil, und gereicht hätte:
„wo der Wortstamm auf -s endet.“
oder
„wo der Wortstamm mit einem S endet.“

Gestreckt und gespreizt wird in Deutschland aber gerne:
- Auszubildender statt Lehrling oder Stift
- Studierender statt Student
- Reinigungskraft statt Putzfrau
- virtuelle Welt statt Scheinwelt
- Technologie statt Technik
- beziehungsweise statt oder
- im nachhinein statt später
The ManDay

Beitrag von The ManDay »

Original geschrieben von Drehzahl
> Wie groß hätte ich den ugly und das scnr noch machen sollen?
Beliebig groß, ich verstünde sie dennoch nicht an dieser Stelle.
Wie soll ich das jetzt interpretieren? Dass du mich für abscheulich dumm hälst und mir noch nicht einmal zutraust wildtollwuts ("es geht beides") und deinen ("Falsch. Beides ist richtig.") Beitrag zu verstehen und es deshalb, sozusagen, trotzdem falsch mache? Oder vergisst du sofot jeglichen Kontext wenn du einen Post ließt?
Original geschrieben von Drehzahl
Gestreckt und gespreizt wird in Deutschland aber gerne:
[- Auszubildender statt Lehrling oder Stift
- Reinigungskraft statt Putzfrau
- virtuelle Welt statt Scheinwelt
- Technologie statt Technik
- im nachhinein statt später]
Ojeje da hast du dich aber grade in was reinmanövriert.

-Auszubildener wird benutzt um auch die Ausbildung im Informationssektor zu beschreiben da 'Lehring' generell mit 'Lehre', also mit Handwerkserlernung (Meister und Lehrling) assoziert wird.

-Reiningungskraft ist obsolet für Restroomanager.

-Virtuelle Welt bezieht sich, so ziehe ich mal aus einem zusammenhangslosen Beispiel herraus, speziell auf die Virtualität von Computerspielen während 'Scheinwelt' viel bedeuten kann. Ich sage ja schließlich auch 'Auto' und nicht 'Fahrzeug' wenn ich mich speziell auf einen PKW beziehe.

-Technologie ist nun wirklich etwas anderes als Technik. Zugegeben: Technologie wird heutzutage sozusagen inflationär auch für Subjekte benutzt, die eigentlich mit 'Technik' bestimmt werden müssten. Nichtsdestotrotz ist Technologie ist nunmal eine Menge von Techniken und nichts anderes. Nur bei größeren Beschreibungen wie z.B. einer Gesellschaft die technologisch hoch entwickelt ist, kann man da nicht mehr eindeutig unterscheiden. Ansonsten bediene ich mich einer speziellen Technik um jemandem mit einem Hebewurf zu Fall zu bringen. Und ich bediene mich eines technischen Hilfsmittel um etwas zu verwirklichen - während dieses durch unsere fortgeschrittene Technologie ermöglicht wird.

-Im nachhinein ist eine punktuelle Zeitbeschreibung. Später bezieht sich auf einen (späteren) Zeitraum.
enfer
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Beitrag von enfer »

Original geschrieben von The ManDay

-Im nachhinein ist eine punktuelle Zeitbeschreibung. Später bezieht sich auf einen (späteren) Zeitraum.
Warum ist im nachhinein eine Beschreibung eines genauen Zeitpunkts?

"Im nachhinein habe ich festgestellt, dass blablabla" ist das gleiche wie "Später habe ich festgestellt, ..."
Original geschrieben von Drehzahl

- beziehungsweise statt oder
...beziehungsweise verwenden die meisten Leute außerdem in einem falschen Zusammenhang.
Bild環ROY
The ManDay

Beitrag von The ManDay »

Original geschrieben von enfer
Warum ist im nachhinein eine Beschreibung eines genauen Zeitpunkts?
Frag mich nicht. Sprachgefühl.
Drehzahl

Beitrag von Drehzahl »

@The ManDay:
> Wie soll ich das jetzt interpretieren?

Du kannst es wortwörtlich nehmen: ich verstehe es nicht.

> Ojeje da hast du dich aber grade in was reinmanövriert.
Eigentlich nicht, aber wir werden sehen.

> -Auszubildener wird benutzt um auch die Ausbildung im
Informationssektor zu beschreiben da 'Lehring' generell mit 'Lehre'

Erstens kenne ich keinen Grund, warum man etwa in der Informatik
nicht von Lehrling sprechen sollte, und zweitens ist meines Wissens
auch der früher als Lehrling Genannte heute im Gesetzestext ein
Auszubildender.

> -Reiningungskraft ist obsolet für Restroomanager.
Ich weiß nicht, was ein Restroomanager ist, aber das ist auch
irrelevant, da ich ja die Verwendung von Reinigungskraft statt
Putzfrau anprangere.

> -Virtuelle Welt bezieht sich [...] speziell auf die Virtualität
von Computerspielen während 'Scheinwelt' viel bedeuten kann.

Das sehe ich anders. Inbesondere die „virtual reality“ ist keine
virtuelle Realität, sondern eine Scheinwelt. Zudem bin ich für
Bildhaftigkeit, und Schein ist nun einmal bildhafter als das recht
leere Wort virtuell.

> Ich sage ja schließlich auch 'Auto' und nicht 'Fahrzeug' wenn
ich mich speziell auf einen PKW beziehe.

Auto ist auch die engere Einheit.

> -Technologie ist nun wirklich etwas anderes als Technik.
Völlig richtig, und vielleicht ist Dir aufgefallen, daß in der
zweiten Hälfte der Liste Wörter manchmal, in bestimmtem Kontext,
nicht austauschbar sind (nachhinein ist etwa nicht immer durch
später ersetzbar).

Technologie und Technik nehmen sogar eine besondere Stellung ein,
denn Technologie ist etwas anderes als Technik, wird nur in fast
allen Fällen im Sinne der Technik verwendet. Die falsche, unsinnige
und blähende Verwendung der Wörter prangere ich ja gerade an.
Gerne wird zur Technik Technologie gesagt, und nicht nur ist es
blähend – das wäre schlimm genug –, es ist noch dazu falsch. Ein
doppelter Grund, es nicht zu tun, doch in Deutschland möchte man
blähen und spreizen und strecken und dehnen, koste es, was es
wolle.

Der Heise-Verlag erklärt sogar, daß man sich im Verlag zwar des
Unterschiedes bewußt sei, man aber weiterhin von Technologie
sprechen werde, auch wenn Technik gemeint sei. Über das Warum
schwieg sich der Verlag leider aus.

> -Im nachhinein ist eine punktuelle Zeitbeschreibung.
Später bezieht sich auf einen (späteren) Zeitraum.

Diese Sprachentwicklung muß an mir vorbeigangen sein.
Original geschrieben von enfer
...beziehungsweise verwenden die meisten Leute außerdem in einem falschen Zusammenhang.
In der Verwendung im Sinne oder ist es meist falsch. Meinst
Du das?
enfer
Grunt
Grunt
Beiträge: 210
Registriert: Jun 2005
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Beitrag von enfer »

Ja, das habe ich gemeint.
Beim Rest kann ich dir nur zustimmen... ich erkenne übrigens viel von deiner Argumentation aus "Deutsch für Kenner" wieder. :D
(Danke für den indirekten Tip)
Bild環ROY
Drehzahl

Beitrag von Drehzahl »

Original geschrieben von enfer
ich erkenne übrigens viel von deiner Argumentation aus "Deutsch für Kenner" wieder. :D
Ach? Das ist mir nicht bewußt, doch gut möglich ist es. Wolf
Schneider spricht mir oft aus der Seele, oder, umgekehrt, erst
durch ihn wurde ich auf Dinge aufmerksam. Ich halte viel von ihm,
und seine Bücher fand ich noch nie langweilig. Davon abgesehen
gibt es Grundregeln für guten Stil, so daß die Argumentation vieler
Stilkunden ähnlich sein dürfte. (Leider vergißt man vieles schnell
wieder, und die eigentliche Schwierigkeit liegt ja im Anwenden.
Solche Bücher können gar verwirren, den eigenen Stil starr und
hölzern werden lassen, weshalb ich momentan nach eigenem
Gutdünken schreibe, nur auf Kleinigkeiten achte.)

Falls ich es in diesem Forum noch nicht tat, kann ich hier
auch „Wörter machen Leute“ empfehlen, ein Buch darüber, wie
Sprache entsteht, wie Wörter die Welt ordnen, wie sie trösten,
für einen denken können. Es geht darum, was Wörter zu leisten
vermögen, und interessanterweise gehört das Austauschen von
Informationen nicht zu ihrem vornehmlichem Zwecke; – Wolf
Schneider nennt den Glauben, daß sie es täten, eine Illusion.
Das Buch fand ich sehr interessant, und immer wieder fiel mir
auf, die Dinge so bisher nicht gesehen zu haben. Der Inhalt
ist regelrecht unterhaltend und in einem gewissen Sinne
spannend.
kind plus

Beitrag von kind plus »

Original geschrieben von Drehzahl
Das sehe ich anders. Inbesondere die „virtual reality“ ist keine
virtuelle Realität, sondern eine Scheinwelt. Zudem bin ich für
Bildhaftigkeit, und Schein ist nun einmal bildhafter als das recht
leere Wort virtuell.
Hier würde ich auch widersprechen. Zum einen ist das Wort Scheinwelt diffuser und weiter fassbar als virtuelle Realität (dieser Begriff wird nur in informatischem Zusammenhang benutzt), zum anderen ist es mir bisher nur im immateriellen Kontext begegnet (glaube ich), während hinter virtueller Realität eine real existierende, technische Basis existiert (Computer, das Headset zur Darstellung).

k+
agra

Beitrag von agra »

> »Eines Tages ging sie« ist etwa immer »eines Tags ging sie«
Das ist ein Extrembeispiel und kommt mir noch nicht einmal korrekt vor. Das würde man selbstverständlich nicht schreiben. Ich meinte eher Formulierungen wie »die Sitzung des Gemeinderats« und »die Sitzung des Gemeinderates«. Beides richtig, jedoch würde ich in einem privaten Text auf »es« verzichten, während ich in einem Zeitungsartikel lieber kein einfaches »s« lesen möchte. Wie gesagt, das entscheidet man von Fall zu Fall - dass es Beispiele gibt, wo die einfache Möglichkeit mit »s« blöd klingt, ist doch keine Frage.
The ManDay

Beitrag von The ManDay »

@Drehzahl :>

Erstens kenne ich keinen Grund, warum man etwa in der Informatik
nicht von Lehrling sprechen sollte, und zweitens ist meines Wissens
auch der früher als Lehrling Genannte heute im Gesetzestext ein
Auszubildender.


Du hast mein Argument nicht verstanden: Ich gehe davon aus, dass die Leute 'Lehrling' mit der 'Lehre' in einem vorzugsweise handwerklichen Beruf in Verbindung bringen. Deshalb benutzt man 'Auszubildener' en contraire um sich auf einen Auszubildenen zu beziehen welcher nicht in einem solchen (von einem Meister) ausgebildet wird.

Ich weiß nicht, was ein Restroomanager ist, aber das ist auch
irrelevant, da ich ja die Verwendung von Reinigungskraft statt
Putzfrau anprangere.


Das war ein Witz. Restroommanager ist neudeutsch für Klofrau.

Das sehe ich anders. Inbesondere die „virtual reality“ ist keine
virtuelle Realität, sondern eine Scheinwelt. Zudem bin ich für
Bildhaftigkeit, und Schein ist nun einmal bildhafter als das recht
leere Wort virtuell.


Das Wort 'virtuell' ist keineswegs leer. Das Wort hat seinen Weg in den heutigen alltäglichen Wortschatz ganz konkret über Computer(spiele) gefunden. Deshalb ist eine virtuelle Welt zwar nach rein germanistischen Aspekten - Wortherkunft etc. etc. - zwar nur ein Fremdwort für Scheinwelt, aber heutzutage meint man damit ganz speziell künstlich generierte Welten. Oder hast du schonmal jemanden sagen gehört, dass ein Autist in einer virtuellen Welt lebt? ich glaube kaum!

Auto ist auch die engere Einheit.

Naja. Siehe oben. Hoffe es ist jetzt klar, dass eine virtuelle Welt zwar eine Scheinwelt ist aber nicht vice versa eine Scheinwelt zwangsläufig eine virtuelle Welt.

Völlig richtig, und vielleicht ist Dir aufgefallen, daß in der
zweiten Hälfte der Liste Wörter manchmal, in bestimmtem Kontext,
nicht austauschbar sind (nachhinein ist etwa nicht immer durch
später ersetzbar).


Verstehe nciht was du meinst.

Technologie und Technik nehmen sogar eine besondere Stellung ein,
denn Technologie ist etwas anderes als Technik, wird nur in fast
allen Fällen im Sinne der Technik verwendet. Die falsche, unsinnige
und blähende Verwendung der Wörter prangere ich ja gerade an.
Gerne wird zur Technik Technologie gesagt, und nicht nur ist es
blähend – das wäre schlimm genug –, es ist noch dazu falsch.


Genau das habe ich doch schon gesagt, oder nicht?!

Der Heise-Verlag erklärt sogar, daß man sich im Verlag zwar des
Unterschiedes bewußt sei, man aber weiterhin von Technologie
sprechen werde, auch wenn Technik gemeint sei. Über das Warum
schwieg sich der Verlag leider aus.


Hm ja. Nicht grade rühmlich würde ich mal sagen.

Diese Sprachentwicklung muß an mir vorbeigangen sein.

Das ist keine Entwicklung. Es ist einfach die Konnotation des Ganzen - und die war schon immer so.
karn
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Beitrag von karn »

»Im nachhinein« stellt für mich einen eindeutigeren Bezug (im Sinne einer Reflektion) zu der vorhergehenden Tätigkeit dar als »später«.
rund hat geschrieben:Experimentieren ist Wissen, Wissen ist Macht. Und Macht ist gesellschaftliches Ansehen... und das bekommt man zur Not auch ganz ohne Sozialkompetenz... super Sache.
The ManDay

Beitrag von The ManDay »

Also nach der Auflösung des Terms 'im nachhinein' scheint mir folgendes Bild ganz gut gelungen. Das 'im' bedeuetet einen gezielten Eintritt in einen Zeitraum. Das impliziert natürlich auch ein Ziel des Eintritts wodurch die Punktualität entsteht.
Drehzahl

Beitrag von Drehzahl »

> Du hast mein Argument nicht verstanden

Doch, das habe ich durchaus. Mit meiner Kritik hat sie nur nicht
viel zu tun und ändert auch nichts an ihr. Daß sich Auszubildender
in den Sprachgebrauch eingeschlichen hat, steht außer Frage, doch
eben das kritisiere ich. Gibt es eine Notwendigkeit dafür, einen
Lehrling im Gesetz Auszubildender zu nennen; oder gibt es eine
Notwendigkeit dafür, in einer Ausbildung zum Programmierer –
ausgebildet wird hier ebenso wie beim Tischler – von Auszubildender
zu sprechen? Meine Antwort darauf ist: nein!

> Das war ein Witz. Restroommanager ist neudeutsch für Klofrau.

Ah, Restroom-Manager. Für die nicht mitdenkenden Menschen wäre der
Bindestrich hilfreich gewesen. :->

> Das Wort 'virtuell' ist keineswegs leer. Das Wort hat seinen Weg
in den heutigen alltäglichen Wortschatz ganz konkret über
Computer(spiele) gefunden.


Bildleer ist es trotzdem, als Adjektiv ohnehin und selbstredend
als Hauptwort, so wie nahezu alle anderen auf -ät endenden Hauptwörter
(Virtualität). Sie sind abstrakt. Tasse ist bildhaft, Blume ist
es, Virtualität ist es nicht. Für näheres siehe „Vom ABC zum
Sprachkunstwerk“ von Süskind – übrigens ein ganz hervorragendes
Buch, das ich ebenfalls und ausdrücklich empfehlen kann.

> Oder hast du schonmal jemanden sagen gehört, dass ein Autist in
einer virtuellen Welt lebt? ich glaube kaum!


Ein gutes Argument, nur stellt sich die Frage: Welche Notwendigkeit
gibt es dafür, bei einem Videospiel von virtueller Realität oder
Virtual Reality zu sprechen? Ich behaupte: Es gibt keine, außer
man möchte wichtigtun, hervorheben und blähen, und das ganz gewaltig,
denn Scheinwelt hat 2 Silben, virtuelle Realität hat deren 8! Dazu
kommt sogar noch die Verständlichkeit: Scheinwelt ist ein
selbsterklärender oder leicht zu erklärender Begriff, virtuelle
Realität ist das nicht, das Wort virtuell ist es nicht.

> Naja. Siehe oben. Hoffe es ist jetzt klar, dass eine virtuelle
Welt zwar eine Scheinwelt ist aber nicht vice versa eine Scheinwelt
zwangsläufig eine virtuelle Welt.


Ich bin sehr für Bedeutungswandel und Erweiterung. Der Mauszeiger auf
dem Bildschirm hat auch nicht viel mit dem Zeiger einer Uhr zu
tun, und wir kommen trotz der Unterschiede – 2D-Darstellung auf
dem Bildschirm, Zeiger als Bild gegenüber dem Zeiger als echten
Gegenstand – mit einem Wort aus. Das Fenster auf dem Bildschirm
hat gar noch weniger Gemeinsamkeiten mit dem Fenster in der Hauswand;
brauchen wir dafür einen neuen Begriff wie interaktiver
Präsentationsrahmen oder, heutzutage, wohl eher Präsentations-Frame?
Nein, und ebenso unnötig ist die virtuelle Realität. Sie kann
ersatzlos gestrichen werden; verloren wird nur die Möglichkeit der
Wichtigtuerei.

> Verstehe nciht was du meinst.

Ich meine, daß die Wörter nicht in jedem Fall ausgetauscht werden
können. Es gibt etwa sehr wohl Fälle, in denen man nachhinein nicht
mit später und beziehungsweise nicht mit oder ersetzen kann.
Manchmal liegt das aber auch am Satzbau, und ein dem Amtsdeutsch
entstammendes Wort wie beziehungsweise läßt sich zwar manchmal
nicht ersetzen, aber durch ordentliche Sätze vermeiden.

> Genau das habe ich doch schon gesagt, oder nicht?!

Fast, denn Du hast es als Gegenargument verwendet, ich aber zur
Unterstreichung und Erklärung meiner Kritik.

> Hm ja. Nicht grade rühmlich würde ich mal sagen.

Das dachte ich mir auch.

> Das ist keine Entwicklung. Es ist einfach die Konnotation des
Ganzen - und die war schon immer so.


Enfer hat ein Gegenbeispiel gebracht. Manchmal kann im Nachhinein
auch ersatzlos gestrichen werden, wie etwa im Beispiel aus dem
Wortschatz-Portal der Universität Leipzig: „Die Unternehmen werben
immer mehr Mitarbeiter aus den Universitäten ab, die über verwertbares
Wissen verfügen, und versuchen dann die Praxisdefizite im Nachhinein
auszugleichen. (Quelle: Die Zeit 2001)“ Auf einen Zeitpunkt („punktuelle
Zeitbeschreibung“ ) bezieht sich das freilich nicht, auch wenn die
Unternehmen gerne Praxiwissen mit einem Fingerschnips vermittelten.
Original geschrieben von The ManDay
Also nach der Auflösung des Terms 'im nachhinein' scheint mir folgendes Bild ganz gut gelungen. Das 'im' bedeuetet einen gezielten Eintritt in einen Zeitraum. Das impliziert natürlich auch ein Ziel des Eintritts wodurch die Punktualität entsteht.
Lustiges Bildchen. :) Enfers Beispiel, „später habe ich festgestellt“, ist sehr natürlich und entspricht dem Sprachgebrauch, widerspricht aber Deinem Bild – schon allein, weil auch im Nachhinein verwendet werden kann.

Im Nachhinein ist ein ziemlich beliebiger Zeitraum, ebenso der Zeitraum, der ab später beginnt – und auch im Nachhinein wird die Zeit nur in ein Richtung verlaufen. Rückblickend kann man vielleicht als Verlauf in die andere Richtung auffassen, und selbst damit läßt sich im Nachhinein ersetzen, wenn man es denn nicht streichen will.

Ich mache meine Aufgaben jedenfalls oft später, als ich soll, was sich (im Nachhinein) immer wieder als Fehler entpuppt.

> Das 'im' bedeuetet einen gezielten Eintritt in einen Zeitraum.

Eintritt? Wenn ich von Menschen im Mittelalter rede, dann trete ich nichts ein, Räume schon gar nicht. ;)
The ManDay

Beitrag von The ManDay »

Original geschrieben von Drehzahl
Doch, das habe ich durchaus. Mit meiner Kritik hat sie nur nicht
viel zu tun und ändert auch nichts an ihr. Daß sich Auszubildender
in den Sprachgebrauch eingeschlichen hat, steht außer Frage, doch
eben das kritisiere ich. Gibt es eine Notwendigkeit dafür, einen
Lehrling im Gesetz Auszubildender zu nennen; oder gibt es eine
Notwendigkeit dafür, in einer Ausbildung zum Programmierer –
ausgebildet wird hier ebenso wie beim Tischler – von Auszubildender
zu sprechen? Meine Antwort darauf ist: nein!
Ich entgegne darauf 'Doch!' denn so lassen sich Unterschiede zwischen den beiden - dem Auszubildenden der Tischlerei und dem Auszubildenden des dritten Sektors - gleich im Vorhinein in dem für sie verwandten Begriff einbringen. Wenn der Augenmerk nur darauf liegt, dass er ausgebildet wird - undzwar nur genau darauf beschränkt und explizit nicht konnotiert werden soll, was das Subjekt in der Zukunft sein wird, oder was man sich unter der jetzigen Ausbildung vorzustellen hat - dann ist es natürlich richtig nur 'Auszubildender' zu sagen. Hat man aber nicht die 'zwanghafte Intention' dem Leser oder Gesprächsparter zu 'verheimlichen', in welche Richtung die Ausbildung geht, so sollte man sich doch die Möglichkeit durch die Begriffswahl zu konnotieren zu Nutzen machen und die passende Bezeichnung zu wählen.
Rein analytisch entsteht da schon ein Problem - eine Redundanz von 'Auszubildender' und 'Lehrling' - da diese Begrifflichkeiten sich einfach so 'eingebürgert' haben und jetzt sowohl als Überbegriff für sich selbst dienen, als auch spezieller bezeichnen

Auszubildender (Überbegriff):
-Auszubildender (DLS)
-Lehrling (Handwerklich)

bzw. (was mir aber nicht so gefällt):

Lehrling (Überbegriff):
-Auszubildender (DLS)
-Lehrling (Handwerklich)
Bildleer ist es trotzdem, als Adjektiv ohnehin und selbstredend
als Hauptwort, so wie nahezu alle anderen auf -ät endenden Hauptwörter
(Virtualität). Sie sind abstrakt. Tasse ist bildhaft, Blume ist
es, Virtualität ist es nicht. Für näheres siehe „Vom ABC zum
Sprachkunstwerk“ von Süskind – übrigens ein ganz hervorragendes
Buch, das ich ebenfalls und ausdrücklich empfehlen kann.
Da hast du Recht. Man sollte die Sprache nicht mit übermäßig vielen abstrakten Begriffen belasten, da das nur zu Verwirrungen führt. Trotzdem meint 'virtuelle Welt' gängigerweise 'künstliche Welt'. Da würde ich ehr sagen, dass hier der Hase im Pfeffer begraben liegt. 'Virtuell' anstatt von 'künslich' zu sagen ist zweifelsohne, zumindest im heutigen Bezug auf unser gemeines Verständnis "Ist virtuell <g.d.w.> Ist künstlich", ein Sprachgebrauch der rein polemisch und geschwollen ist.
Ein gutes Argument, nur stellt sich die Frage: Welche Notwendigkeit
gibt es dafür, bei einem Videospiel von virtueller Realität oder
Virtual Reality zu sprechen? Ich behaupte: Es gibt keine, außer
man möchte wichtigtun, hervorheben und blähen, und das ganz gewaltig,
denn Scheinwelt hat 2 Silben, virtuelle Realität hat deren 8! Dazu
kommt sogar noch die Verständlichkeit: Scheinwelt ist ein
selbsterklärender oder leicht zu erklärender Begriff, virtuelle
Realität ist das nicht, das Wort virtuell ist es nicht.
Siehe oben. Bezogen auf 'künstliche Welt' verfällt dein Argument der Silbenanzahl. Des Weiteren denke ich, dass es auch hier wieder möglich, oder sogar empfehlenswert wäre 'virtuell' als Spezialfall von 'scheinbar' zu interpretieren. Daraus ergibt sich der selbe Gedankengang, wie ich ihn auch schon beim Lehrlingsproblem vertreten habe. Man muss nun aber akzeptieren können, dass sich ändernde Gegebenheiten auch zwangsläufig eine Änderung der sprachlichen Mittel induzieren - so wie 'virtuell' mit dem Aufkommen von virtuellen Welten* eingeführt wurde. [*Hätte hier 'Scheinwelten' die selbe Bedeutung gehabt? Nein! Durch die Verwendung von 'virtuell', auch wenn sie wohl erzwungen war, wusstest du, dass ich mich auch computergenerierte Welten beziehe]

Anmerkung: Du hast hier auch nicht frei von Polemik argumentiert: Virtuelle Realität mit Scheinwelt abzugleichen ist ein hinterhältiger Fauxpas, denn wenn schon, dann müsstest du Virtuelle Welt mit Scheinwelt oder Virtuelle Realität mit Scheinrealität abgleichen. Aber selbst dann wäre der Vergleich unausgeglichen, da der Term 'Scheinwelt' bzw die Vorsilbe 'Schein-' (von 'scheinbar') kein, in der Länge equivaletes Pendant bei 'Virtuell' finden würde.

Ich bin sehr für Bedeutungswandel und Erweiterung. Der Mauszeiger auf
dem Bildschirm hat auch nicht viel mit dem Zeiger einer Uhr zu
tun, und wir kommen trotz der Unterschiede – 2D-Darstellung auf
dem Bildschirm, Zeiger als Bild gegenüber dem Zeiger als echten
Gegenstand – mit einem Wort aus. Das Fenster auf dem Bildschirm
hat gar noch weniger Gemeinsamkeiten mit dem Fenster in der Hauswand;
brauchen wir dafür einen neuen Begriff wie interaktiver
Präsentationsrahmen oder, heutzutage, wohl eher Präsentations-Frame?
Nein, und ebenso unnötig ist die virtuelle Realität. Sie kann
ersatzlos gestrichen werden; verloren wird nur die Möglichkeit der
Wichtigtuerei.
Ich glaube ich verstehe über was du dich da mokierst: Die inflationäre Verwendung von Fremwörtern und Fachbegriffen, in der Annahme man würde durch ihre Verwendung glaubhafter erscheinen. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Ich stimme dir vollkommen zu - das ist heutzutage ein großes Manko.
Jedoch denke ich, dass es auch Wörter gibt, welche durch die, wie ich oben bereits angesprochen habe, Änderung der Welt, welche durch unsere Sprache beschrieben werden soll, eine Existensberechtigung haben. Man muss nur aufpassen, dass man es nicht übertreibt mit der Einführung neuer- oder der Überführung von Fach-Begriffen ins Alltägliche. Der 'Mauszeiger' und das (Windows?-)'Fenster' sind hier Beispiele bei denen man darauf verzichtet alternative oder noch speziellere Terme einzuführen. Und das hat auch einen ganz logischen und analytisch nachvollziehbaren Grund: Wenn wir bei so, einerseits extrem fachgebundenden und andererseits häufig verwandten Begriffen, keine Zugeständnisse betreffend die Doppeldeutigkeit machen würden, würden wir uns bald in einem Wirrwarr von hunderten fachgebundenden Wörtern wiederfinden.

Ich meine, daß die Wörter nicht in jedem Fall ausgetauscht werden
können. Es gibt etwa sehr wohl Fälle, in denen man nachhinein nicht
mit später und beziehungsweise nicht mit oder ersetzen kann.
Manchmal liegt das aber auch am Satzbau, und ein dem Amtsdeutsch
entstammendes Wort wie beziehungsweise läßt sich zwar manchmal
nicht ersetzen, aber durch ordentliche Sätze vermeiden.
Na dann sind wir uns doch einig - oder liegt da ein Missverständnis vor?!

Enfer hat ein Gegenbeispiel gebracht. Manchmal kann im Nachhinein
auch ersatzlos gestrichen werden, wie etwa im Beispiel aus dem
Wortschatz-Portal der Universität Leipzig: „Die Unternehmen werben
immer mehr Mitarbeiter aus den Universitäten ab, die über verwertbares
Wissen verfügen, und versuchen dann die Praxisdefizite im Nachhinein
auszugleichen. (Quelle: Die Zeit 2001)“ Auf einen Zeitpunkt („punktuelle
Zeitbeschreibung“ ) bezieht sich das freilich nicht, auch wenn die
Unternehmen gerne Praxiwissen mit einem Fingerschnips vermittelten.
Sehr gutes Beispiel. 'Im nachhinein' ist hier keineswegs, wie du meinst, unnötig. Errinnerst du dich noch, als ich sagte, dass es dem Autor überlassen ist wo er Redundanzen einfügt; Und dass dies für manche Leser eine Bedeutung betreffend das Textverständnis mit sich bringt?! Genau so einen Fall haben wir hier. Ich kann selbstverständlich nur aus meiner Perspektive sprechen und erhebe keinen - und darf auch keinen Anspruch auf die Richtigkeit meiner Interpretation erheben. Jedoch möchte ich zeigen, dass man nicht mal einfach so sagen darf, dass ein Wort 'ersatzlos gestrichen werden kann' oder ähnliches.
Hier wird 'im nachhinein' nicht explizit verwendet um die zeitliche Punktualität der Aktion zu beschreiben (obwohl auch das hier zutrifft - s.u.) sondern wird mit anderer Intention gebraucht:
Die Betonung liegt hier auf nach! 'Im nachhinein' wird anstatt von 'später' oder nichts verwendet um auszudrücken, dass es erst danach geschah/geschieht. Ebenso hätte auch 'nachträglich' etc. verwendet werden können. 'Nach' bringt die zeitliche Verzögerung und die Bedeutung derselben an den Leser. 'Später' könnte dies nicht so gut. Und garnichts einzufügen steht mit dieser Intention ausser Frage. Ich möchte nicht sagen, dass der Autor des Textes sich seiner Wortwahl so klar bewusst war - jedoch denke* ich [*s.o.], dass er mir zustimmen würde.
Auch die Punktualität ist hier ein Faktor der determiniert wieso 'im nachhinein' und nicht 'später' verwandt wurde. 'Später' öffnet ein Zeitfenster was in die Zukunft gerichtet nicht geschlossen sondern nur begrenzt ist. 'Im nachhinein' referenziert einen Zeitraum einer beliebigen, aus dem Kontext determinierten Größe und ist auch hier passender um eine punktuell in der Zukunft liegende Aktion (das Ausgleichen der Defizite) zu beschreiben.

[blue]edit 4 teh edit[/blue]

Der 'Sprachgebrauch' ist in vielen Fällen nur eine Mutation der Sprache. Hier sollte man nicht naturalistisch Fehlschließen, dass der Sprachgebrauch wie er referenziert wird die Sprache definiert. Der Sprachgebrauch divergiert sowohl in die eine als auch in die andere Richtung von der Sprache - mathematisch sozusagen eine 'Standardabweichung' - und der Standard ist die Sprache.
kind plus

Beitrag von kind plus »

Original geschrieben von The ManDay
Des Weiteren denke ich, dass es auch hier wieder möglich, oder sogar empfehlenswert wäre 'virtuell' als Spezialfall von 'scheinbar' zu interpretieren.
Original geschrieben von Drehzahl
Nein, und ebenso unnötig ist die virtuelle Realität. Sie kann
ersatzlos gestrichen werden; verloren wird nur die Möglichkeit der
Wichtigtuerei.
Eine virtuelle Realität ist eine existierende Realität, die auf technischem Wege generiert wurde. Eine scheinbare Realität ist nichtexistent.
Man könnte VR vielleicht darunter fassen, da es aber fast ausschließlich technisch gebraucht wird, hat dieser Begriff in meinen Augen volle Existenzberechtigung.

---

Im nachhinein bezieht sich auf ein bestimmtes Ereignis, später dagegen nicht.

k+
enfer
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Beitrag von enfer »

Original geschrieben von kind plus
Eine virtuelle Realität ist eine existierende Realität, die auf technischem Wege generiert wurde. Eine scheinbare Realität ist nichtexistent.
Man könnte VR vielleicht darunter fassen, da es aber fast ausschließlich technisch gebraucht wird, hat dieser Begriff in meinen Augen volle Existenzberechtigung.
Ich kann nicht verstehen, wie eine virtuelle Welt mehr existieren kann, als eine Scheinwelt.
Beide existieren im Sinne von: sie sind vorstellbar und darstellbar durch Bilder und Töne oder wodurch auch immer.
Beide existieren nicht im Sinne von: sie sind in unserer Wirklichkeit stofflich vorhanden und greifbar.

Die technische Verwendung ist meiner Meinung nach auch keine ausreichende Begründung: man versucht dadurch nur, etwas Einfaches durch einen wissenschaftlichen Begriff zu abstrahieren, um eine Besonderheit zu betonen, die nicht vorhanden ist.
Bild環ROY
kind plus

Beitrag von kind plus »

Original geschrieben von enfer
Beide existieren nicht im Sinne von: sie sind in unserer Wirklichkeit stofflich vorhanden und greifbar.
VR ist jederzeit für jedermann reproduzierbar und in technischen Systemen gespeichert, für mich dadurch irgendwie schon greifbar und real existent. Vielleicht sollte man den Begriff Scheinwelt mal klären ..

k+

ps: L'enfer c'est les autres?
enfer
Grunt
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Beitrag von enfer »

Eine Scheinwelt ist eine Welt, die nur zum Schein existiert, also in unserer Vorstellung.
Virtuell bedeutet fiktiv, also erdacht oder vorgestellt.
Beide sind irgendwie darstellbar.
So sehe ich das.

ps: Rimbaud - une saison en enfer.

/e
>?
Das ps war nur die Antwort auf das ps von kind plus.
Bild環ROY
The ManDay

Beitrag von The ManDay »

Original geschrieben von enfer
ps: Rimbaud - une saison en enfer.
?
Drehzahl

Beitrag von Drehzahl »

@The ManDay:
> […] so lassen sich Unterschiede zwischen den beiden - dem Auszubildenden der Tischlerei und dem Auszubildenden des dritten Sektors - gleich im Vorhinein in dem für sie verwandten Begriff einbringen.

Und wozu soll das gut sein? Natürlich, man kann auch jedem Gegenstand einen anderen Begriff zuordnen, unterscheiden sie sich auch nur in der Farbe. Wozu brauche ich Auszubildender, zumal das Wort fünf Silben hat, ebenso wie Programmierlehrling; und letzteres differenziert noch dazu genauer.

> Trotzdem meint 'virtuelle Welt' gängigerweise 'künstliche Welt'.
Kunstwelt wäre für die „virtuelle Realität“ auch ein sehr schönes Wort. Nicht länger als Scheinwelt und ebenso bildhaft.

> Bezogen auf 'künstliche Welt' verfällt dein Argument der Silbenanzahl.
Auch dann hätte die künstlicher Welt immer noch die doppelte Silbenanzahl. Die Argumentation verfällt erst mit der Kunstwelt, und dieses Wort gefällt mir.

> Man muss nun aber akzeptieren können, dass sich ändernde Gegebenheiten auch zwangsläufig eine Änderung der sprachlichen Mittel induzieren
Geschwalle und Gespreize muß man hingegen nicht akzeptieren, und Sprachwandel ist in erster Linie ein Bedeutungswandel oder eine Bedeutungserweiterung von Wörtern – ein Sprachwandel, der den Deutschen in den letzten Jahrzehnten zuwider geworden scheint.

> Hätte hier 'Scheinwelten' die selbe Bedeutung gehabt?
Hatte die Benennung des Fensters auf dem Bildschirm die selbe Benennung wie das Fenster in der Wand? Und was hat Wand noch mit dem Winden zu tun, denn vom Winden von Ästen zu einer Wand kommt dieses Wort. Die Bedeutungsänderung und -erweiterung ist Grundlage jeder lebendigen Sprache! Die Bedeutungsänderung und -erweiterung ist Sprachwandel! Virtuelle Realität klingt nach Beamtendeutsch, klingt künstlich, wenig lebendig und ist, einmal davon abgesehen, daß es spreizt und dehnt, häßlich.

Und daß es in der deutschen Sprache weniger als früher zu Bedeutungsänderung und -erweiterung kommt, ist auch ein Grund für die Anglizismenflut der letzten 10 Jahre. Die Amerikaner und Engländer haben eine lebendige Sprache, sie geben ihren uralten Wörtern, ihren einfachen, schlichten Wörtern eine neue Bedeutung – und die Deutschen bedienen sich daran, weil sie geistig nicht dazu gewillt oder fähig sind, diesen Wandel selbst zu vollziehen. Dann jammern sie rum: Die deutsche Übersetzung heißt aber nicht exakt das selbe, das könne man deshalb nicht übersetzen. Selbstverständlich ist dem so, wenn man sich gegen Sprachwandel stemmt und mit dem Sprachtod sympathisiert.

Bedeutungsänderung und -erweiterung ist das A und O einer lebendigen Sprache, in ihnen liegt der Schlüssel. Die Welt ändert sich, und mit ihr sollten es die Wörter tun. DAS ist lebendige Sprache, SO entwickelt sich Sprache weiter!

> denn wenn schon, dann müsstest du Virtuelle Welt mit Scheinwelt oder Virtuelle Realität mit Scheinrealität abgleichen
Mit Scheinrealität gewiß nicht, denn das wäre ebenso gespreizt. Auf die virtuelle Realität kam ich über das Englische, aber gerne kannst Du Dir an jeder Stelle virtuelle Welt vorstellen. Das wäre eine Verbesserung, ändert aber nichts an meiner Argumentation, und ebenso hat man die unschöne Kombination von Eigenschafts- und Hauptwort.

> da der Term 'Scheinwelt' bzw die Vorsilbe 'Schein-' (von 'scheinbar') kein
Schein kommt von scheinbar? Ich behaupte, daß das Hauptwort zuerst da war, und es bedeutet im Mittelhochdeutschen „Strahl, Glanz, Gestalt“ (nach Gerhard Köbler, Deutsches Etymologisches Rechtswörterbuch, 1995). Auch hier läßt sich übrigens eine Bedeutungserweiterung erkennen.

> Die inflationäre Verwendung von Fremwörtern und Fachbegriffen, in der Annahme man würde durch ihre Verwendung glaubhafter erscheinen.
Ja, fast, aber nicht nur die Verwendung von Fremdwörtern und Fachbegriffen – sie können hilfreich und nützlich sein –, auch von unnötigem Geschwalle. Glaubhafter wirken die Menschen meist nicht, nur wichtiger; und der Zuhörer glaubt, der da oben auf dem Podium redete von etwas ganz wichtigem, weil er, der Zuhörer, nur wenig versteht – und so schweigt er in dem Glauben, er könnte nicht mitreden. Es ist in der Regel Wichtigtuerei, ist Blendwerk, nicht mehr; und es ist besonders beliebt in der Wissenschaft und in der Werbung. Glaubhaft wirkt das nicht, denn wer etwas von dem Thema versteht, über das er redet, und wenn er wirklich etwas zu sagen hat, dann sagt er es klar und verständlich. Nur wer wirklich verstanden hat, kann klar, präzise und treffend reden, ohne sich hinter Wortmüll verstecken zu müssen. In unserem Zusammenhang kommt aber noch das Juristen- und Beamtendeutsch hinzu, gepaart auch gerne mit politischer Korrektheit. (Da wird der Blinde zum „Menschen mit Ausbaupotential visueller Fähigkeiten“, um es scherzhaft zu sagen.)

Nehmen wir doch mal ein Beispiel für extremen Wortmüll aus einer Werbung für Rollschuhe, frisch aus einem Artikel im Usenet:
Xtra-Fresh
Air-Vent Belüftungssystem mit Luftzirkulation
. Boots mit integriertem Belüftungssystem
. Luftzirkulation für trockene Füße
. Vent-Channels von der Sohlenunterseite und von den Seiten sorgen für
Lufteinlass
. Luftdurchlässiges Air-Vent-Sandwich-Mesh führt Frischluft zu und
lüftet gleichzeitig ab
Einmal davon abgesehen, daß hier mit fünf Punkten die selbe Sache beschrieben zu werden scheint, so wird doch nur eine „herausragende Eigenschaft“ verschleiert beworben: Löcher.

Und weiter geht es:
Xtra-Fast
Speed-System mit Low-Rider Aluminium Chassis
. Low-Rider Aluminium Chassis aus extrudiertem Aluminium 6061
. Extra tief angelegter Schwerpunkt des Inliners für optimale Steuerung
und Fahrkontrolle
. Große Speed-Rollen aus gegossenem PU, Super High Rebound 78 A
. Leichte, große 5-Spoke Felge
. ABEC 5 Chromlager 608ZZ, beidseitig geschlossen mit Aluminiumspacer
. Abriebfester Gummistopper
„Ah, hervorragend,“ denkt sich die Mutter, „extrudiertes Aluminium 6061, und dann auch noch PU und Super-High-Rebound 78A und 5-Spoke-Felgen!“ Es soll gar nicht verstanden werden, es soll einfach nur beeindruckend klingen. Welch ein Wortmüll! Ein extremes Beispiel zwar, aber leider kein Einzelfall.

Oder nehmen wir einen wissenschaftlichen Text, „übersetzt“ von Karl Popper, zitiert von Schneider und nun von mir (ich kenne nur ein Werk Poppers und muß daher den Umweg über Schneider gehen):
Jürgen Habermas: „Theorien sind Ordnungsschemata, die wir in einem syntaktisch verbindlichen Rahmen beliebig konstruieren. Sie erweisen sich für einen speziellen Gegenstandsbereich dann als brauchbar, wenn sich ihnen die reale Mannigfaltigkeit fügt.“
Popper: „Theorien sollten nicht ungrammatisch formuliert werden; ansonsten kannst Du sagen, was Du willst. Sie sind auf ein spezielles Gebiet dann anwendbar, wenn sie anwendbar sind.“

Beispiel 2:
Theodor Adorno: „Die gesellschaftliche Totalität führt kein Eigenleben oberhalb des von ihr Zusammengefaßten, aus dem sie selbst besteht. Sie produziert und reproduziert sich durch ihre einzelnen Momente hindurch.“
Popper: „Die Gesellschaft besteht aus den gesellschaftlichen Beziehungen. Die verschiedenen Beziehungen produzieren irgendwie die Gesellschaft.“

Und raus ist die Luft – dahinter nichts.

> Na dann sind wir uns doch einig - oder liegt da ein Missverständnis vor?!
Ja – nein.
The ManDay

Beitrag von The ManDay »

Schön, ich bin froh mit jemandem so Belesenem ist zu diskutieren. Ich gehe jetzt mal, anstatt gezielt zu zitieren, im Großen und Ganzen auf deine Antwort ein.
Ich denke beim Thema 'Auszubildender versus Lehrling' stoßen wir auf eine Grundsatzdiskussion. Du hast mir, zugegebenermaßen ziemlich emotional oder auch philosophisch, klar eröffnet, wieso du deine Ansichten so vertrittst, wie du sie vertrittst. Ich denke jetzt, dass ich das was du deinen Überlegungen zu Grund legst - dein Verständnis von Sprachwandel - gut nachvollziehen kann. Trotzdem halte ich auch meine Sichtweise für akzeptabel: Dass Sprachwandel nicht bedingungslos durch Bedeutungserweiterung vollzogen werden muss. Man muss zwangsläufig einen Konsens zwischen der Einführung neuer Begriffe in den alltäglichen Sprachgebrauch und der Bedeutungserweiterung bereits verwandter Wörter finden. Den Begriff 'Bedeutungswandel', wie von dir angesprochen, finde ich übrigens hier ehr unpassend bzw. irreführend. Schließlich wird dem Begriff nur eine weitere Bedeutung - der Mauszeiger, das 'PC-'Fenster - angefügt. So habe ich das ja auch schon versucht in meinem vorigen Post anzuschneiden: Man muss abwägen bei welchen Bezügen es sich lohnt neue Begriffe einzubürgern.
Noch kurz zu deinem zweiten Teil (die Rollschuhe) - 'kurz' weil mir Lektüre und Verfassen so früh am Morgen (Schulferien) nicht so liegt - vielleicht schreibe ich im Laufe des Tages [im Lauf des Tags? :ugly: ] noch etwas mehr:
Meiner Meinung nach hast du dich hier zu sehr auf Extrembeispiele fixiert. Bei der Werbung ist die Sachlage wohl klar - jedoch nicht so bei deinem zweiten Beispiel - dort muss ich rein formal Einwände einlegen!
Jürgen Habermas: „Theorien sind Ordnungsschemata, die wir in einem syntaktisch verbindlichen Rahmen beliebig konstruieren. Sie erweisen sich für einen speziellen Gegenstandsbereich dann als brauchbar, wenn sich ihnen die reale Mannigfaltigkeit fügt.“
Popper: „Theorien sollten nicht ungrammatisch formuliert werden; ansonsten kannst Du sagen, was Du willst. Sie sind auf ein spezielles Gebiet dann anwendbar, wenn sie anwendbar sind.“
Wie vorrauszuschicken: Meine Einwände sind rein formaler Natur. Auch ich würde hier nich so viel Wind um so wenig machen. Trotzdem unterscheidet sich dieses Beispiel ganz gravierend von dem Rollschuh-Beispiel. Schließlich geht man bei wissenschaftlich und für verständiges Publikum verfassten Texten, von denen wir hier nunmal reden (also nicht für den 'dummen Bürger' - sondern ehr für Fachpublikum), davon aus, dass, im Gegensatz zu den in Werbung verwandten Texten, das Auditorium zu 100% dazu in der Lage ist sämtliche im Text enhaltenden Informationen aufzunehmen und zu verstehen und somit den Inhalt vollständig auszuschöpfen. In deinem zweiten Beispiel wird aber, mathematisch gesprochen, nicht 'gekürzt' sondern stattdessen 'gerundet'. Und Runden solle es meiner Meinung nach in der Wissenschaft nicht geben. Die einzige Alternative die besteht wäre, dass man einen, auf Grund der Komplexität und Informationskomprimierung zu lang und umständlich geratenden Abschnitt aufspaltet.
Aber das wurde, in der Annahme die Zitate wären ihrer ursprünglichen Form selbst für das '100%-Fachpublikum' zu schwer zu verstehen, in deinem Beispiel nicht gemacht. In deinem Beispiel wurden Wortgruppen, die minimale aber trotzdem existente Bedeutung tragen, ersatzlos fallengelassen.
Das mag vielleicht dem Verständnis für die Allgemeinheit beitragen, aber da fachspezifische Texte gängigerweise nicht für die Allgemeinheit verfasst werden, müssen diese Nebensächlichkeiten erhalten bleiben - weil der Autor sie dort haben möchte.

Jürgen Habermas: „Theorien [red]sind Ordnungsschemata[/red], die wir in einem syntaktisch verbindlichen Rahmen beliebig [red]konstruieren[/red]. Sie erweisen sich für einen speziellen Gegenstandsbereich dann als brauchbar, wenn sich ihnen die reale Mannigfaltigkeit fügt.“
Popper: „Theorien sollten nicht ungrammatisch formuliert werden; ansonsten kannst Du sagen, was Du willst. Sie sind auf ein spezielles Gebiet dann anwendbar, wenn sie anwendbar sind.“
Konkret:

Es fehlt nun:
Was sind Theorien? (es sind Ordnungschemata)
Wie ist die Realität? (sie ist mannigfaltig)
Wie enstehen Theorien? (sie werden konstruiert)
Wie agieren Theorien bei ihrer Anwendung? (sie erweisen sich als etw.)
Wodurch wird die Defintion von Theorien begrenzt? (durch einen Rahmen - 'grammatikalisch' impliziert diesen Rahmen nur fragwürdig)
Aus welcher Sichtweise werden Theorien aufgestellt? (die Realität fügt sich)

Was wurde in seiner Aussage/Bedeutung geändert:
Anwendbar ist alles - nur ob es auch brauchbar ist ist eine andere Frage.

Das ließe sich jetzt noch ewig weiterführen - jedes Wort trägt seine eigene Konnotation und dieser Herr Popper maßt sich scheinbar an sie alle zu kennen und somit beliebing Änderungen im Text zu machen. Das errinnert mich nicht wenig an deine erste Antwort auf meinen Thread hier im Forum, in welchem du mir alle möglichen Tautologien vorwarfst :>

Und:
'[...]ansonsten kannst Du sage, was Du willst.[...]' anstatt von '[...]beliebig[...]' - das ist meiner Meinung nach mehr als lächerlich, selbst wenn es explizit polemisch wirken sollte.

Meiner Meinung nach hätte der Zitator dieser Zitate (Popper) erstmal vor seiner eigenen Haustür kehren sollen, bevor er begann bei anderen aufzuräumen.
Drehzahl

Beitrag von Drehzahl »

> jedes Wort trägt seine eigene Konnotation und dieser Herr Popper maßt sich scheinbar an sie alle zu kennen und somit beliebing Änderungen im Text zu machen
Scheinbar oder anscheinend?

Diese „Herr Popper“ ist einer der bekanntesten und einflußreichsten Wissenschaftstheoretiker und Soziologen unserer Zeit, hat selbst viele wissenschaftliche Arbeiten und Bücher geschrieben. Einige seine Arbeiten beziehen sich direkt auf Habermas und Adorno , in der Literatur zu finden unter dem Stichwort Positivismusstreit. Klare, saubere und allgemeinverständliche Sprache sei zudem ein Aushängeschild der Werke Poppers, heißt es – für eines kann ich das persönlich bestätigen –, und eine allgemeinverständliche Sprache vertrat er immer.

> '[...]ansonsten kannst Du sage, was Du willst.[...]' anstatt von '[...]beliebig[...]' - das ist meiner Meinung nach mehr als lächerlich, selbst wenn es explizit polemisch wirken sollte.
Und meiner Meinung nach ist es gepflegtes Deutsch.

> Man muss abwägen bei welchen Bezügen es sich lohnt neue Begriffe einzubürgern.
Zu Wortschöpfung kommt es ausgesprochen selten, und von Wort- oder Begriffsbildung mit leeren und abstrakten Wörtern, Modewörtern, halte ich gar nichts.

> Schließlich geht man bei wissenschaftlich und für verständiges Publikum verfassten Texten, von denen wir hier nunmal reden (also nicht für den 'dummen Bürger' - sondern ehr für Fachpublikum)
Warum sollte man eine wissenschaftliche Arbeit derart verschlüsseln, daß sie für viele Menschen unverständlich wird – übrigens für die Menschen, deren Steuergelder in Wissenschaft und Forschung an Hochschulen und Universitäten fließen. Ich selbst habe in meinem Nebenfach das Vordiplom in Psychologie absolviert, und ein Teil des Studiums bestand darin, sich mit geschwollener Ausdrucksweise zu beschäftigen und sich darin zu üben, ebenso dummschwätzerisch daherzureden, sich mit Schablonendeutsch unverständliche Sätze zu basteln. Welch ein Aufwand für Unverständlichkeit und Wichtigtuerei, nur um über Selbstverständlichkeiten in einer Form schreiben zu können, als wären sie etwas besonderes.

Der Zuhörer oder Leser neigt ehrfurchtsvoll den Kopf, weil er glaubt, jemand, der so redet, muß auch etwas zu sagen haben – und er auch etwas sage. Oft ein Irrtum.

Aber nicht nur in der Wissenschaft, auch in der Wirtschaft findet man dies oft, wenn ein hohes Tier sein Phrasendeutsch wie einen Waffenkoffer vor dem Publikum ausbreitet und verschleiernd, nichtssagend und schönrednerisch daherschwallt, dem Publikum blubbernd die Zeit verdrießt. Da wird nicht gelöst, sondern die Problematiken einer endgültigen Lösung zugeführt – welch wichtigtuerisches Geschwätz. Nicht zu solchen Menschen hinaufblicken sollte man, sondern sie geringschätzen. Sie sind entweder nicht gewillt oder nicht fähig zu reden, sei es, weil sie etwas zu verschleiern haben, sich wichtigtun müssen, sich vermittels der Sprache mit einem kleinen Kreis oder ihrem Fach identifizieren möchten oder tatsächlich nicht verstehen, wovon sie reden.

Eines der besten Beispiele, wie man revolutionäre, wegbereitende Forschungsarbeiten schreibt, die so neuartig sind, ist Freud. Er schrieb so nah an der allgemeinen Sprache, so verständlich und hat zudem inhaltlich eine Menge zu sagen. Für komplexe Sachverhalte, die sich in manch andere Sprache kaum ausdrücken lasse, etwas dem Französischen, nahm er einfache Wörter wie das Ich oder das Es und gab ihnen Bedeutungen.

> Aber das wurde, in der Annahme die Zitate wären ihrer ursprünglichen Form selbst für das '100%-Fachpublikum' zu schwer zu verstehen
Wenn denn überhaupt diese die Texte leicht lesen und verstehen sollen. Über lange Ketten von Verhältniswörtern und Klemmkonstruktionen etwa stolpert selbst der geübteste Leser des Wortmülles.
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