ratmal: drluv hat aber einfach Recht. Das ist wieder genau das alte Spiel: Man selbst fordert Realismus (weshalb man auch immer noch mit sowas wie #Einzelfall trollen kann), aber ist selbst überhaupt nicht bereit ihn an seine eigene Meinung anzulegen. Wird die Regierung seit Neuestem von der Linksjugend und pro Asyl geführt und ich habe es nicht mitbekommen? Hat irgendwer aus der politischen Mitte behauptet, dass Leute, die sich Sorgen machen (mittlerweile wohl die Mehrheit im Land) rechtsradikal sind? Soweit ich weiß sagen Union UND SPD mittlerweile, dass die Flüchtlingszahlen deutlich gesenkt werden müssen. Als "rechtsradikal", was selbst für PEGIDA meist noch übertrieben ist, wie man gerade wieder dieser Vorländer-Studie entnehmen konnte, die groß in allen Zeitungen war, werden maximal Leute wie diejenigen bezeichnet, die bei PEGIDA mitlaufen und auch da liegt das nicht daran, dass sie sich Sorgen machen, sondern daran, wie sie diese Sorgen äußern (bzw. wie sie von den Rednern geäußert werden). Und falls es "Populismus" ist, sinkende Flüchtlingszahlen zu fordern, sind wohl beide großen Parteien mittlerweile Populisten.
Das mit dem Rechtsruck ist auch so eine Sache. Das Problem ist ja nicht, dass man in Deutschland nicht über bestimmte Themen reden kann (selbst die Grünen reden mittlerweile über "Migrantengewalt"), sondern dass man nur auf eine bestimmte Art darüber sprechen kann, ohne sich solche Vorwürfe einzuhandeln. Die Union und die SPD machen das beide, die AfD verzichtet größtenteils darauf. Wer von eingewanderter "Jugendkriminalität" redet, muss in Deutschland immer erklären, warum die Jugendlichen kriminell sind und betonen, dass es nichts an der Herkunft der Täter an sich sein kann, weshalb sie kriminell sind. Das kann man jetzt gut oder schlecht finden, aber ich habe den Eindruck, dass GENAU DAS einer der Gründe ist, warum in Deutschland Rechtspopulisten so lange ein Problem hatten. Mit dem fünfseitigen Dossier in der ZEIT über Faroukh K., der in Marokko keine Chance hatte und in seinem Leben bisher ziemlich viel Scheiße erlebt hat lässt sich nicht so leicht Stimmung machen wie mit Faroukh K., "Sex-Jihadist aus Marokko", der Frauen am Bahnhof den Finger in die Vagina steckt, während er ihnen Handy und/oder Geldbeutel klaut. Ich bezweifle, dass der durchschnittliche Wähler in den Niederlanden oder in Österreich so viel mehr schlechte Erfahrungen mit Einwanderern gemacht hat als der durchschnittiche Wähler in Deutschland, trotzdem kriegen PVV und FPÖ regelmäßig viel mehr Stimmen als die AfD. Mir kommt es vor als wäre es ein ziemliches Konjunkturprogramm für die AfD, falls diese Norm in Deutschland kippt. Muss sich jeder selbst überlegen, ob es ihm das wert ist.
Und eine Sache noch: Man macht es sich auch EXTREM leicht zu sagen, dass man in Deutschland nicht die negativen Aspekte ansprechen darf, wenn man damit eigentlich meint "Warum tut Merkel nichts gegen sie?" Klar hat diese Asylwelle negative Aspekte, aber ich lese in den Medien auch so ziemlich nie eine Diskussion der Alternativen, die Angela Merkel wirklich hat. Es ist einfach zu sagen "X ist schlecht, X muss abgestellt werden", wenn man sich X wie einen Hahn Wasser vorstellt, den man einfach abdrehen kann und das ist das Ende der Geschichte. Aber so einfach ist es nicht:
- Es beginnt schon mit der Idee, die Grenze zuzumachen: Das ist rechtlich
schlicht und ergreifend schwierig. Zwar wird gerade in der FAZ immer wieder so getan, als wäre es Deutschlands gutes Recht, Asylbewerber ohne Prüfung nach Österreich zurückzuschieben, weil sie über einen sicheren Drittstaat eingereist sind, jedoch ist die Wahrheit, dass man diese Leute in den _ersten_ sicheren Staat überstellen müsste. Es ist zwar ein Rechtsbruch, die Leute auf der Balkanroute unregistriert weiterziehen zu lassen, jedoch wirkt sich der nicht auf das Asylrecht der Flüchtlinge aus, sondern nur darauf, wo sie es erhalten können. Wenn sie aber erst mal einen Asylantrag gestellt haben, braucht Deutschland (in einem SEHR aufwändigen und langwierigen Verfahren) die Kooperation der Staaten, in die sie zurückgeführt werden müssten, welche nicht erfolgen wird. Ergo: Die Flüchtlinge haben Anspruch auf Asyl und wenn sie erst mal an der Grenze sind, haben sie ihn in Deutschland. Dass davor die Transitländer Recht gebrochen haben ändert daran nichts. Es ist ein bisschen wie beim Unterhalt: Was zwischen Mann und Frau vorgefallen ist, spielt für den Unterhaltsanspruch des Kindes keine Rolle. Ähnlich übrigens mit der These, dass man kein "Flüchtling" sei, weil man seit der Türkei in sicheren Drittstaaten unterwergs war:
Rechtlich problematisch und politisch nicht durchführbar, weil die Türkei sofort die Beendigungsklausel des Rücknahmeabkommens ziehen würde, sollte Deutschland eine nennenswerte Zahl an Flüchtlingen in die Türkei schicken wollen (übrigens ebenfalls mit guten Argumenten: Es ist nicht wirklich nachvollziehbar, warum die Türkei trotz ihrer riesigen Flüchtlingszahlen noch Flüchtlinge aus Europa zurücknehmen sollte, wenn wirtschaftlich stärkere Länder wie Frankreich, Großbritannien oder Spanien so gut wie niemanden nehmen). Wie man es dreht und wendet: Rechtlich ist vorrangig geregelt, dass der Flüchtling überhaupt irgendwo Schutz bekommen muss. Wenn sich die Staaten über die Verteilung einigen können, kann man das über Kontingente auf einen Staat beschränken, aber wenn sich die Staaten nicht einigen, dann muss der Staat einspringen, in dem die Flüchtlinge sich nun mal aufhalten. Weil sie sich in Deutschland aufhalten wollen, wird es sehr leicht zu Deutschlands Problem. Was direkt zum zweiten Problem führt:
- Wenn man nicht ununterbrochen Recht brechen will, müsste man Deutschlands Grenzen komplett schließen. Nicht auf Verdacht kontrollieren, nicht die Grenzübergänge, sondern die komplette östliche und südliche Grenze. Wer einmal in Deutschland ist, den wird Deutschland nur unter Mithilfe eines anderen Staates wieder los. Dass das dauerhaft funktionieren kann ist mehr als fragwürdig. Maximal müsste man mit einer gewissen Zahl von Flüchtlingen rechnen, die sich von Schleppern ins Land bringen lassen und würde ansonsten den Flüchtlingsstrom nach Deutschland komplett abwürgen, weil die Transitländer dann auch niemanden mehr ziehen lassen würden. Zu glauben, man könnte irgendeine "Obergrenze" aufstellen, ist ziemlich illusorisch, weil man rechtlich dafür keine Handhabe hat. Aber selbst wenn wir mal davon ausgehen, Deutschland schert sich nicht um die rechtliche Situation und schafft es irgendwie, nur diejenigen reinzulassen, die tatsächlich eine gute Chance auf Asyl haben, führt das direkt zum dritten Problem:
- Dublin ist weder rechtlich noch politisch durchsetzbar. Zwar kann sich Deutschland darauf berufen, dass Italien und Griechenland das Recht brechen, wenn sie unregistriert Leute ziehen lassen, aber das hat wie gesagt keine realen Konsequenzen und Italien und Griechenland würden sich dann eben darauf berufen, dass Dublin nicht für so eine Situation gedacht war, aber die Verhandlungen über eine Alternative auch zu nichts führen. Wenn überhaupt über die geplanten Hotspots in den Ländern berichtet wird, dann immer in dem Kontext, dass sie nicht fertig werden, aber fast immer ohne den Grund dafür zu nennen: Sie werden nicht fertig, weil Griechenland und Italien sie nicht wollen und sie wollen sie nicht, weil sie Angst haben, wenn Flüchtlinge erst mal bei ihnen registriert sind, bleiben sie auf ihnen sitzen, genau wie jetzt Deutschland auf ihnen sitzenbleibt, weil die anderen Staaten nicht bereit sind, Kontingente aufzunehmen. Deutschland wird mit Recht darauf beharren, dass sie sowieso schon fast alle Flüchtlinge in Europa aufgenommen haben und alle anderen Staaten im Schengen-Raum werden darauf beharren, dass sie entweder jetzt schon überfordert sind oder wg. innenpolitischer Erwägungen niemanden aufnehmen können (Schweden, Österreich, Niederlande) oder dass die Flüchtlinge sowieso nicht zu ihnen wollen (so gut wie alle anderen). Was also passieren würde wäre Folgendes: Italien und Griechenland müsste die Flüchtlinge gegen ihren Willen im Land halten. Während Italien sich das u.U. noch leisten könnte (auch wenn es das nicht will und man in der unangenehmen Situation ist, ein so großes Land wie Italien nicht zwingen zu können), weil es ein viel größeres Land ist und dort viel weniger Flüchtlinge ankommen, würde Griechenland innerhalb von kürzester Zeit überfordert. Was dann? Zwar sagen die Abweichler in der Union, dass sie glauben die anderen Länder würden schon einlenken, wenn Deutschland erst mal die Grenzen schließt, aber wenn man sich ansieht, mit was für fadenscheinigen Begründungen die Kontingente jetzt schon abgelehnt werden und wie wenige Leute bisher umverteilt werden, kann man durchaus verstehen, warum Italien und Griechenland skeptisch sind. De facto bewegt man sich dann mindestens auf eine humanitäre Katastrophe in Griechenland zu, im schlimmsten Fall auch noch auf gesellschaftliche Unruhen. Für die Flüchtlinge wäre Griechenland weiter attraktiv, weil sie wissen dass Europa nicht bereit ist, Leute in Griechenland einfach mal verhungern zu lassen und die Türkei wird den Strom wohl kaum ohne weitere Gegenleistungen stoppen, alleine schon weil Griechenland.