Original geschrieben von TheDoat
Warum soll ich heute noch in Trauer stehen für Dinge, die ich nicht miterlebt, nicht mitbestimmt oder gar mitbewirt habe? Warum soll ich Reue zeige für etwas, was meine Vorfahren getan haben? Das KANN man nicht! Man ist nicht persönlich betroffen. Alles andere ist knallharte Heuchelei.
Jeder kennt heutzutage das Fehlerhafte im nationalsozialistischen Handeln. Dieses Wissen, das ist es, was wichtig ist. Nicht, dass man sich nicht so anzieht oder so aussieht wie die Verantwortlichen.
Wenn man das Ganze dann noch lustig darstellt, trägt das wahrscheinlich sogar mehr dazu da, das Ganze zu "verarbeiten" (wenn es für unsere Generation denn etwas zu verarbeiten gäbe).
Der Vergleich mit Napoleon hinkt zwar, da hast du recht. Aber nimm hier als Vergleich Stalin. Dieser ziert heute noch irgendwelche Vodka Flaschen. Sein Regime hat imho mehr Leuten das Leben gekostet als das NS-Regime in Deutschland. Vernichtungslager für politische Zwecke gab es auch in beiden Regimen.
Warum würde sich heute niemand nach dir umkehren, geschweige denn, dich überhaupt als Stalin erkennen, wenn du in einem Stalin-Kostüm herumrennen würdest?
Genau, weil diese Entnazifizierung einfach viel zu weit getrieben wurde. Diese ständige Beschuldigung gegenüber einem ganzen Volk hätte mit den Nürnberger Prozessen und der damit verbundenen Veruteilung der Hauptschuldigen beendet werden müssen. Aber man reitet da heute noch auf einer Vergangenheit herum, für welche die heutigen Generationen nichts können.
Ich verstehe also nicht, wieso du für etwas Reue empfinden kannst, was du gar nicht verantwortet hast? Also ich könnte/kann das nicht. Deshalb sehe ich auch nicht ein, wieso ich keine Witze darüber machen soll oder mich nicht als Nazi verkleiden "darf". Es verletzt niemanden (Nein, die Opfer, welche unter der NS-Zeit leiden mussten, sind auch nicht mehr am leben oder nehmen ihr Essen durch einen Strohhalm ein). Die Nachfahren dieser Leute wird es auch nicht verletzen, warum sollte es auch. Die haben nämlich genausoviel mit den Verbrechen der Nazis zu tun wie ein Leser im PQ-Forum. Geschichten darüber gehört aber sicherlich nicht miterlebt.
Jetzt setz das jetzt nicht mit Desinteresse gleich, wie du es oben getan hast (Zitat: "Euer Leitspruch: Wozu soll ich mich daran erinnern, wenn ich gar nichts dafür kann?! :>").
Interessanter Beitrag.
Zum Thema "Reue":
Genau darum ging es in meinem Post. Oder eben genau
nicht! Denn hier liegt das eigentliche Problem, warum so viele [junge] Deutsche bei der schlichten Erwähnung des "Tabu-Themas" - gerade bei Debatten um Ausländerfeindlichkeit, Bundeswehreinsätze oder Vaterlandsliebe - um einen "Schlusspunkt" betteln: Sie fühlen sich, mehr oder weniger subtil, dazu aufgefordert
Abbitte für etwas zu leisten, was sie naturgemäß nicht zu verantworten haben. Wie du schon gesagt hast. Klar, warum soll man sich für etwas entschuldigen, was schon seit über 3 Generationen der Vergangenheit angehört. Und vor allem bei wem? Bei den ausländischen Mitbürgern, bei der nächsten jüdischen Gemeinde oder gar kollektiv bei der Weltgemeinschaft? Wie du richtig gesagt hast, nur wenige Opfer leben noch. Und diese wenigen wollen sowieso nichts mehr mit Deutschland zu tun haben. Verständlich.
So existiert noch nichtmal, wenn es denn etwas zu entschuldigen gäbe, ein Adressat. Die vermeintlich existierende "Schande" verliert sich in den moralischen Prinzipien unserer westlichen Welt, wird zur moralischen Gewitterwolke, die über uns ihre Kreise zieht und sich nie mehr aufzulösen scheint
weil ja (scheinbar) immer darauf herumgeritten wird. Aber meiner Meinung nach handelt es sich hierbei schlichtweg um eine Form kollektiver
Paranoia, die wohl mit der Fassungslosigkeit unserer Generation gegenüber den Greueltaten der Nazis verknüpft ist. Wir kennen die Geschichte, können sie aber weder ändern noch rückgängig machen. Was bleibt ist das Gefühl, die [volle] Verantwortung übernehmen zu müssen. Indem mit dem Finger auf Deutschland gezeigt wird. Indem die Nazivergangenheit zur Bürde und nicht zum Gegenstand von Witz und Humor wird. So scheint es zumindest und dies ist auch, was sich die meisten von uns einreden. Oder?
Aber dem ist nicht so. Ich habe bisher in jüngerer Vergangenheit noch von keiner direkten Aufforderung irgend eines Landes oder irgendeiner Institution gehört, die die Deutschen zur Reue oder zur Mäßigung angesichts ihrer Geschichte ermahnt hat. Es erfolgt keine Stigmatisierung. Im Gegenteil: Deutschland ist sogar relativ beliebt in der Welt, gilt als sympatisch, zielstrebig und frei. Im Gegenteil, es werden sogar Rufe nach stärkerem militärischen Engagement (Stichwort: Afgahnistan, Kongo) lauter. Die Herausforderung liegt darin, nicht Reue zu zeigen, sondern sich zu erinnern und mit dieser Erinnerung fertig zu werden, indem man die nötigen Konsequenzen zieht. Sicher, Humor ist ein zulässiger Weg, wenn nicht sogar der beste. Aber damit muss mit der nötigen Vernunft damit umgegangen werden können. Hitler und Konsorten wurden im dt. Kabarett, aber auch im Comedybereich schon umfangreich behandelt. Von einer Tabuisierung kann da gar keine Rede sein. Nur wie ich bereits schon ausgeführt habe: Hitlerkostüme überschreiten da deutlich einige Grenzen. (siehe diverse Vorposter)
Zusammengefasst: Es geht nicht darum, sich für irgendetwas zu entschuldigen, noch wird dazu aufgefordert. Es geht darum, Verantwortung insofern für die dt Geschichte zu übernehmen, dass man die Erinnerung aufrecht erhält und den Wiederholungsfall vermeidet. Menschen vergessen schnell. Und die Wege zu Extremismus sind bekanntlich nicht sonderlich weit.
Insofern handelt es sich nicht um die Frage: was habe ich persönlich miterlebt? Das hat natürlich keiner von uns. Deine Behauptung, "es würde ja niemanden verletzen" lasse ich mal unkommentiert stehen, da so eine Einstellung mich eher fassungslos macht, wenn das denn wirklich deine Meinung sein sollte.