Deutschland und der Schein von Demokratie

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Drehzahl

Deutschland und der Schein von Demokratie

Beitrag von Drehzahl »

Über Etwa 4/5 aller Gesetze stammen inzwischen aus Brüssel und müssen in Deutschland umgesetzt werden, und da stellt sich die Frage, welchen Einfluß der Deutsche auf die zentralisierte Macht der EU hat. Ebenso wichtig ist die Frage danach, wieviel er davon weiß, denn Bildung und Wissen sind der Schlüssel zu einer funktionierenden Demokratie. Aber selbst der, der über Organe, Verfahren und Strukturen der EU Bescheid weiß, ist mit intransparenten und undurchsichtigen Abläufen konfrontiert, die einer Demokratie Gegner sind.

Wirft man einen Blick auf die Wählerstimme, die man in Deutschland abgeben kann, so stellt sich selbst hier die Frage: Haben wir noch eine parlamentarische Demokratie? Die Welt formuliert es so:
„Die Zahlen des Bundesjustizministeriums verdeutlichen es: Über den weitaus größten Teil der in Deutschland geltenden Gesetze beschließt im Ministerrat die Bundesregierung, nicht der Deutsche Bundestag. Und jede Richtlinie, die die Bundesregierung im Ministerrat verabschiedet, muss der Bundestag in deutsches Recht umsetzen. Das Grundgesetz sieht jedoch das Parlament als den zentralen Akteur der Gestaltung des politischen Gemeinwesens vor. Es stellt sich daher die Frage, ob man die Bundesrepublik Deutschland überhaupt noch uneingeschränkt als eine parlamentarische Demokratie bezeichnen kann.“

Im oben zitierten Artikel der Welt, wird das Thema ausführlicher behandelt.
RubisCO

Beitrag von RubisCO »

Worauf gründen eigtl. die ganzen Machtansprüche der einzelnen Versammlungen/Organen wie Kommisision, Parlament und Rat, wenn doch noch keine gültige Verfassung besteht?
Rex*Cramer

Re: Deutschland und der Schein von Demokratie

Beitrag von Rex*Cramer »

Original geschrieben von Drehzahl
Wirft man einen Blick auf die Wählerstimme, die man in Deutschland abgeben kann, so stellt sich selbst hier die Frage: Haben wir noch eine parlamentarische Demokratie?
Gegenfrage: Haben wir eine parlamentarische Demokratie ohne die EU-Problematik?

Momentan ist es so, daß die Hälfte der Abgeordneten abhängig davon ist, auf Listen zu stehen, die von den Parteien festgelegt werden, von denen sie ganz schnell verschwinden können, wenn sie nicht gemäß Weisung abstimmen. Es sieht nur dann so aus, als seien Abgeordnete tatsächlich nur ihrem Gewissen verpflichtet und würden im Sinne der Bürger handeln, wenn komfortable Mehrheiten da sind, so daß man sich "Abweichler" leisten kann, die dann auch geduldet werden. Guckt man aber genauer hin, bspw. wie bei der "Gesundheitsreform", wo es einigen Gegenwind aus den Reihen der Koalition gab, wie die Abgeordneten ins Parlament gekommen sind, die jeweils "abweichen", stellt man fest, daß unter ihnen tendenziell weit überproportional viele sind, die ein Direktmandat geholt haben - und mithin weniger abhängig von der Parteizentrale sind.
De facto ist es so, daß die großen Entscheidungen von wenigen Köpfen an der Spitze getroffen werden. Einen ehemaligen Bundestagsabgeordneten habe ich neulich sogar sagen hören, seiner Meinung nach seien sie nur "Stimmvieh", das keine Wahl hat. Das stimmt schon nachdenklich.
Ich denke inzwischen, daß die fortschreitende Politikerverdrossenheit kaum mehr aufzuhalten sein wird, ohne das Wahlrecht zu ändern.

Die EU ist ein Apparat, den so gut wie niemand überblickt. Deiner Darstellung braucht man nichts mehr hinzuzufügen.
Die größte Baustelle ist die Tranzparenz. Was hier schon schlecht läuft in Sachen Informationspolitik (habt Ihr auch nur ein einziges Mal gesehen, daß sich ein Politiker auch nur versucht hat die Mühe zu machen, dieses gigantische Ungetüm "Gesundheitsreform" der Bevölkerung zu erklären?), ist bei der EU praktisch gar nicht vorhanden. Daß man hier (für die EU) überhaupt noch das Wort Demokratie verwendet, ist schon grotesk.

Wie Du sagst: Es geht in Richtung zentralisierter und konzentrierter Macht!
Das ist nicht nur politisch ein Problem und eine Gefahr für die Demokratie, die ihre Bürger verliert, sondern es gibt noch ganz andere Befürchtungen.
Viele führende Wirtschaftswissenschaftler, darunter einige Nobelpreisträger, vertreten die Ansicht, daß die vielen verschiedenen Nationalstaaten gerade einer, wenn nicht der Grund für den Erfolg Europas sind. Nämlich durch die starke Konkurrenz untereinander. Nun, eine Vereinheitlichung des Rechts, eine gemeinsame Währung und der Binnenmarkt sind eine gute Sache, aber dabei wird es nicht bleiben. Es wird - besonders von den Politikern, die ihren Laden nicht annähernd im Griff haben - regelmäßig der Wunsch laut, es müsse eine Steuerharmonisierung o. ä. geben. Etwas Schlimmeres als das könnte uns gar nicht passieren.
Der Wettbewerb der Länder untereinander ist die einzige Barriere, die uns vor einem zu hemmungslosen Zugriff des Staates schützt. Und selbst jetzt, trotz Massenarbeitslosigkeit, Rekordverschuldung und sinkender Wahlbeteiligung werden die Probleme nicht angepackt. Wie soll das werden, wenn die Politik einfach bedenkenlos in die Taschen der Bürger greifen kann, weil das beim Nachbarn automatisch auch passiert?
Die Konkurrenz ist der Kooperation haushoch überlegen, das hat die Geschichte inzwischen oft genug bewiesen. Die Konkurrenz abzuschaffen oder wenigstens abzumildern, würde den Politikern so passen, denn für sie wäre es dann einfach.
Mir hängt es jetzt schon zum Halse raus, was an schwachsinnigen Wahlgeschenken verteilt wird. Dem muß man entgegenwirken, nicht das bunte Treiben noch ausweiten.

Subsidiarität kennt die EU nicht. Das ist das größte Manko - wie selbst Laien klargeworden sein muß durch den Unfug mit der Richtlinie zu Seilbahnen.
uringeller

Beitrag von uringeller »

hast du einen empirischen beleg für die 4/5?
agra

Beitrag von agra »

Ich mag die EU und kann mich Bayrou nur anschließen, der sie als die »schönste Konstruktion der ganzen Menschheit« bezeichnet. Eine sehr hübsche Formulierung und durchaus treffend: die EU ist relativ jung und muss noch ihren Weg finden - eine allgemeine Politikverdrossenheit kann ich nicht erkennen (abgesehen von bestimmten Landstrichen). Ich bin teilweise ganz froh darüber, dass es nicht so schnell geht, wie es sich manche wünschen: die verschiedenen Gremien und Sicherungen sind ein Garant für die Stabilität der BRD, ein größenwahnsinniger Möchtegern-Diktator hat es mit den heutigen Strukturen ungleich schwieriger, jeglichen Rechtsstaat hinter sich zu lassen - ich bin mir sogar sicher, dass es quasi unmöglich ist.

Dass ein »ehemaliger Bundestagsabgeordneter« verbittert ist, kann ich gut verstehen: wird wohl vielleicht auch daran liegen, dass er ein »ehemaliger« ist.

Dass es auch anders geht und man sich durchaus zu Wort melden kann, wenn man etwas weiß und auch etwas zu sagen hat (im Sinne von Wissen, nicht im Sinne von Ämtern) beweisen Binding, Merz, Lauterbach und andere - wer natürlich im Hinterbänkchen verschwindet und sich nach seinen 4 oder 8 Jahren über mangelnde Teilnahme beschwert, hat wohl nicht kapiert, wie der Hase läuft - oder er hat's kapiert und findet es gut.

Dass ausschließlich Konkurrenz innerhalb von Europa sinnvoll ist, solltest Du vielleicht mal belegen und nicht nur behaupten - Konkurrenz gibt es weltweit mit China, Japan und den USA usw. mehr als genug, da ist ein wenig Kooperation innerhalb der EU-Länder sicherlich nicht verkehrt. Meines Erachtens wäre es ein Riesenfehler, die nicht von der Hand zu weisenden Schwierigkeiten der EU zum Anlass zu nehmen, die kleinkarierten Streitigkeiten zwischen den europäischen Nationalstaaten wieder aufleben zu lassen.

Mir fiele so einiges ein, was man EU-weit regeln müsste: als ganz einfaches Beispiel sei hier eine europaweite Möglichkeit zum Führerscheinentzug bei Verkehrswidrigkeiten genannt - es ist doch ein Unding, dass man in Frankreich mit 200 über die Autobahn brettern und sich dann hinter seinem deutschen Pass verstecken kann, ohne Führerscheinverlust befürchten zu müssen.
Rex*Cramer

Beitrag von Rex*Cramer »

Original geschrieben von Analconda
hast du einen empirischen beleg für die 4/5?
Hättest Du seinen Beitrag aufmerksam gelesen, müßte Dir aufgefallen sein, daß er sich auf Zahlen des Bundesjustizministeriums aus dem genannten Artikel bezieht. Und hättest Du diesen gelesen, wäre Dir sicherlich diese Passage nicht entgangen:
Das Bundesjustizministerium hat für die Jahre 1998 bis 2004 die Zahl der Rechtsakte der Bundesrepublik Deutschland und die Zahl der Rechtsakte der Europäischen Union einander gegenübergestellt. Ergebnis: 84 Prozent stammten aus Brüssel, nur 16 Prozent originär aus Berlin.
:)


Noch ein paar Worte zu dem Artikel:


Wie die nationalen Parlamente an Macht verlieren, insbesondere an ihnen vorbei beschlossen wird, wird dort ausführlich dargestellt ("Spiel über Bande" usw.). Es kommt aber nicht rüber, wie die innere Organisationsstruktur der EU und die demokratische Legitimation aussieht ("... dass die politischen Entscheidungsstrukturen der EU – angesichts ihres heute nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche erfassenden Einflusses – unzulänglich, intransparent und vor allem wenig demokratisch sind."). Darauf möchte ich eingehen.

Zunächst eine Anmerkung: Die EU macht keine Gesetze, sondern gibt Richtlinien aus. Diese müssen dann gemäß der Umsetzungspflichten der Mitgliedsländer in nationale Gesetze verwandelt werden. (Auf die Anforderungen der Richtlinie kann auch draufgesattelt werden, wie wir z. B. beim sogenannten Antidiskriminierungsgesetz gesehen haben.)


In dem Artikel ist überwiegend vom (Minister-)Rat und dem EU-Parlament die Rede, aber die eigentliche Macht liegt bei der Kommission: http://www.europa-digital.de/dschungelb ... nzen.shtml
Sie [die Kommission] allein verfügt über ein Vorschlagsrecht, so dass der Ministerrat - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nur auf der Basis eines von ihr vorgelegten Entwurfs beschließen kann. Der Rat und das Europäische Parlament können die Kommission auffordern, initiativ zu werden, dürfen jedoch nicht selbst ohne solche Vorschläge tätig werden.
Das Initiativrecht liegt also bei der Kommission. Sie kann darüber hinaus - und das steht dort leider nicht - einen Vorschlag wieder zurückziehen (nämlich in dem Fall, wenn der Rat und das Parlament anders rangehen, als sie, die Kommission, sich das vorgestellt hatte).
Die Kommission unterliegt aber keiner demokratischen Kontrolle durch das Volk: sie kann weder ab-, neu- oder wiedergewählt werden.

Im Artikel wird auf die Problematik rund um den Ministerrat eingegangen:
Die wesentlichen europäischen Legislativfunktionen liegen entgegen allen Grundsätzen der Gewaltenteilung bei Mitgliedern der Exekutive. ... Heute hat Brüssel aber in ganz erheblichem Umfang – Stichwort: 84 Prozent – positive Regelungs- und vor allem Regulierungskompetenzen. Vor diesem Hintergrund ist die Zwitterstellung des Ministerrates überaus problematisch.
Die fehlende demokratische Legitimierung der Kommission sei angemerkt als Ergänzung dazu.


Das EU-Parlament wird direkt vom Volk gewählt. Seine Kompetenzen sind aber nicht gerade berauschend, vorsichtig formuliert: http://www.europa-digital.de/dschungelb ... nzen.shtml
Und in einigen wichtigen Politikfeldern kann der Rat den Willen des Parlaments bis heute übergehen.
Allerdings können die Abgeordneten auf große Teile des Haushalts keinen Einfluss nehmen, weil diese unter die so genannten obligatorischen Ausgaben fallen. Obligatorische Ausgaben sind Ausgaben, die die Union aufbringen muss, um ihren internen und externen Vertragsverpflichtungen nachzukommen. Größter Anteil der obligatorischen Ausgaben sind die Agrarausgaben.
Das Parlament hat kein Initiativrecht (s. o.), kann in wichtigen Fragen übergangen werden und wenn man bedenkt, daß 80% der EU-Subventionen Agrarausgaben sind, wird ebenfalls der nur geringe Einfluß auf die Finanzen deutlich ("Die Kommission, die über 90 Prozent der Mittel ausgeben darf, ...").
Gut, wie schon im Artikel steht, war das in der Anfangsphase hinnehmbar (und ging wahrscheinlich auch gar nicht anders). Das war auch deshalb nicht so ein Problem wie heute, weil die EU zunächst wenig Kompetenzen hatte. Doch je mehr davon auf sie übertragen wird, desto wichtiger wird die demokratische Legitimierung.


Um auf das Thema "Deutschland und der Schein von Demokratie" zurückzukommen: Wir haben in Deutschland das Problem der Abhängigkeit der Abgeordneten von Listen, die von Parteien kontrolliert werden (faktischer Fraktionszwang, schon mehrfach hier im Forum erwähnt), die grundsätzliche Frage der Verfassungsmäßigkeit der Verschiebung von Kompetenzen weg von nationalen Parlamenten hin zu anderen Institutionen (haben wir hier noch nicht diskutiert) und das erhebliche demokratische Defizit der EU (Thema hier).

Auf die Entmachtung unserer Abgeordneten wird hingewiesen:
Angesichts der überragenden Machtstellung der nationalen Exekutive bei der Gestaltung der EU-Politik fühlen sich heute viele Abgeordnete des Deutschen Bundestages einem erheblichen Einflussverlust ausgesetzt.
Wenn es so wäre, daß Kompetenzen von nationalen Abgeordneten auf ebenfalls vom Volk gewählte EU-Abgeordnete verschoben werden würden, könnte man im Sinne des Grundgesetzes wenigstens noch so argumentieren, es sei immer noch ein Parlament Grundlage politischer Gestaltung. Aber der Verlust von Macht findet auf zwei Wegen statt: einmal durch die Verschiebung zur EU und den wesentlich geringeren Einfluß der Parlamente insgesamt. Da der Verlust der Kompetenzen der demokratisch gewählten Parlamente der Mitgliedsländer lange nicht in gleichem Maße als Zuwachs beim EU-Parlament landet, sondern dort größtenteils unter die Kontrolle der anderen, nicht vom Volk wählbaren EU-Organe fällt, findet also zusammengenommen ein (deutlicher) Verlust demokratischer Legitimation statt.


Politiker tun sich immer schwer mit der Abgabe von Macht oder mit der Einrichtung von Mechanismen, durch die sie letztendlich selbst kontrolliert werden. Ich hoffe, sie wissen das Nein zum Verfassungsvertrag richtig zu deuten. In diesem Sinne kann ich dem letzten Absatz uneingeschränkt zustimmen ("Europa braucht eine ehrliche Debatte"): Wenn man das Volk für die EU begeistern will (und das ist es m. E. überwiegend), dann muß man es mitnehmen und Vertrauen haben - und über Wahlen beteiligen.


Zur vielzitierten Bürokratie:
Es gibt unbestreitbar eine Tendenz der Mitgliedstaaten, ihre eigene Gesetzgebung auf die EU übertragen zu wollen. Dadurch entsteht Überregulierung. Die von Merkel genannte Absicht, 25% der Bürokratie abzubauen, kommt schließlich nicht aus heiterem Himmel.
http://www.taz.de/pt/2006/12/30/a0145.1/text
American Fucking Psycho
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Beitrag von American Fucking Psycho »

Original geschrieben von RubisCO
Worauf gründen eigtl. die ganzen Machtansprüche der einzelnen Versammlungen/Organen wie Kommisision, Parlament und Rat, wenn doch noch keine gültige Verfassung besteht?
damit hab ich mich im Politikunterricht auch immer gerne unbeliebt gemacht... :ugly:

das schönste Gegenargument ist immer "brauchen doch keine Verfassung, wenn das Grundgesetz als vorläufige doch so gut funktioniert"

dabei wird leider immer wieder vergessen dass ja ursprünglich angedacht war das Volk mal zu fragen ob ihm die Verfassung überhaupt recht ist. Jedem Bundesbürger den Text vorzulegen und dann drüber abstimmen zu lassen ist aber auch etwas utopisch, manche Leute verstehn ja noch nichtmal was mit den 3 Sätzen einer Volksabstimmung gemeint ist, ich wette dass garantiert die Hälfte derer die 2002 bei der hessischen Abstimmung zum Konnexitätsprinzip eigentlich "nein" angekreutzt hätten wenn der Text gescheit formuliert gewesen wäre und so ihren Kommunen Millioneninvestitionen hätten ersparen können die dann das Land hätte tragen müssen.
Aber einfach ein paar Politiker die man selbst garnicht gewählt hat drüber entscheiden zu lassen ist auch nicht das Wahre.

dass man sich dann noch die meisten Sachen aus Brüssel diktieren lassen muss verschlimmert diese Angelegenheit nurnoch, da man als normalsterblicher eh keinen Einblick mehr ins EU-Parlament hat. Ganz zu schweigen davon dass man die Abgesandten die dort hin geschickt werden um irgendwelchen Mist zu verzapfen (man sehe sich nur mal die allmonatliche sinnfreie Reise Brüssel-Straßburg an, nur weil man da ein hübsches Tagungshaus hingestellt hat) noch nicht mal selber wählen darf.
Bild
Rex*Cramer

Beitrag von Rex*Cramer »

Das paßt wie die Faust aufs Auge: http://blog.zeit.de/kosmoblog/?p=949 Leider wieder (wen wundert's?) schlechte Nachrichten für die Demokratie. :(
Jyne

Beitrag von Jyne »

http://www.n24.de/politik/article.php?articleId=148080

Da hab ich doch glatt beim überfliegen "Engstirnigkeit" statt "Eigenständigkeit" gelesen... Klang auch irgendwie plausibel...

Ich glaube jedoch das bei solchen Sprüchen "...dass die christlichen Sittengesetze auch in der praktischen Politik wahrgenommen werden..." es langsam wieder an der Zeit ist Politiker auf ihren Geiteszustand zu Untersuchen oder diese unter strenger Aufsicht des Verfassungsschutzes zu stellen... Weil die Gefahr besteht das hier vll. noch der christliche Gottesstaat ausgerufen wird... (Mein Beileid an die armen Bayern)...

Schön ist auch der hier "Wir lassen uns den christlichen Charakter unseres Landes nicht durch monströse Moscheebauten verschandeln." (3,2 Millionen Muslime in Deutschland) Ist das nicht eigentlich schon Volksverhetzung??? In anbetracht der monströsen christlichen Sakralbauten schon verwunderlich... Mir gefallen die Moscheen neben den Kirchen in Istambul z.B. sehr gut... Sollten mal reisen die Herrn Politiker aus der CSU... kommen aber wohl nie aus ihren Wäldern raus in Bayern... arme Schweine sind das ohne Hirn und Verstand...
Rex*Cramer

Beitrag von Rex*Cramer »

Original geschrieben von Rex*Cramer
Momentan ist es so, daß die Hälfte der Abgeordneten abhängig davon ist, auf Listen zu stehen, die von den Parteien festgelegt werden, von denen sie ganz schnell verschwinden können, wenn sie nicht gemäß Weisung abstimmen. Es sieht nur dann so aus, als seien Abgeordnete tatsächlich nur ihrem Gewissen verpflichtet und würden im Sinne der Bürger handeln, wenn komfortable Mehrheiten da sind, so daß man sich "Abweichler" leisten kann, die dann auch geduldet werden. Guckt man aber genauer hin, bspw. wie bei der "Gesundheitsreform", wo es einigen Gegenwind aus den Reihen der Koalition gab, wie die Abgeordneten ins Parlament gekommen sind, die jeweils "abweichen", stellt man fest, daß unter ihnen tendenziell weit überproportional viele sind, die ein Direktmandat geholt haben - und mithin weniger abhängig von der Parteizentrale sind.
De facto ist es so, daß die großen Entscheidungen von wenigen Köpfen an der Spitze getroffen werden. Einen ehemaligen Bundestagsabgeordneten habe ich neulich sogar sagen hören, seiner Meinung nach seien sie nur "Stimmvieh", das keine Wahl hat. Das stimmt schon nachdenklich.
Zu dieser Problematik und den Erfahrungen jenes ehemaligen MdB, der den Kommentar zum "Stimmvieh" im Fernsehen äußerte, nun mehr in schriftlicher Form vom SPD-Abgeordneten Marco Bülow, der ebenfalls zu dem Schluß kommt, daß Bundestagsmitglieder "fast nichts" zu sagen haben:

Es kann zu heftigen Attacken kommen, bei denen die Redner deutlich machen, wie übel sie es finden, wenn sich jemand der Mehrheit verweigert.
Andererseits habe ich unter dem Druck der Partei und des Koalitionsvertrages schon mehrmals für Gesetzesvorlagen gestimmt, die ich persönlich ablehne.
Es ist so, dass über eine Gesetzesvorlage zum ersten Mal im Ausschuss abgestimmt wird, und in der SPD-Fraktion wurde entschieden, dass Gesetzesvorlagen in den Ausschüssen grundsätzlich nicht scheitern dürfen.
Die Gewissensentscheidung, die jedem Abgeordneten die freie Wahl lässt, gilt, wenn überhaupt, nur für das Plenum, nicht für den Ausschuss.
Die wichtigste Aufgabe einer Regierungsfraktion scheint vielmehr darin zu bestehen, die Vorgaben der Regierung möglichst kritiklos umzusetzen und die SPD-Minister in ein gutes Licht zu rücken.
Vor wichtigen Entscheidungen werden Abweichler unter Druck gesetzt und zum Beispiel zu Einzelgesprächen ins Büro von Peter Struck, unserem Fraktionsvorsitzenden, zitiert.
Wenn diese Entwicklung so weitergeht, kann man sich fragen, wozu Regierungsfraktionen noch gut sind. Zum Abnicken und Jasagen?
Besonders vorsichtig verhalten sich Abgeordnete, die über die Landeslisten ins Parlament gekommen sind; ...
http://sz-magazin.sueddeutsche.de/index ... lection]=6


Nichts, was man nicht schon gewußt hätte.
Vielleicht sollte man die namentliche Abstimmung abschaffen und dafür die geheime gesetzlich festschreiben, um Abgeordneten mehr Unabhängigkeit zu verleihen. Ihr wißt schon, die Sache mit der Verantwortung gegenüber Gewissen und Volk, wie es vor langer Zeit mal hieß.
Außer, um Populisten u. ä. Gesocks an der Regierung zu verhindern, weil die auf beiden Seiten mit ihren platten Parolen die Dummen an die Urnen kriegen, damit nicht noch mehr Unfug verzapft wird, fällt mir bald kein Grund mehr ein, warum man noch zur Wahl gehen sollte. Mit Demokratie hat das jedenfalls wenig zu tun.
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