> Dann sagst du, man solle sich durchaus in anderen Kulturen umsehen
> und deren Werte genießen - da widersprichst du dich. Was denn nun?
Finde ich nicht. Zumindest ich kann die deutsche Sprache als wichtig erachten, sie schön finden und zugleich Weltliteratur nicht-deutscher Autoren lesen. Ich kann auch japanische Musik hören, ohne daß hier gleich alles japanisch sein muß, was vermutlich sogar mein Interesse an Japan schmälern würde. Das Fremde und Andersseiende ist doch oft gerade das interessante. Ich kann ägyptisch Essen gehen, ohne daß ich deswegen die Kochkunst meiner Oma streichen müßte – sie kocht ausgesprochen gut. Das eine oder das andere, alles oder nichts, das ist Schwarz-Weiß-Denken.
Und natürlich kann ich mich hauptsächlich nur für die eigene Kultur einsetzen, für meine Muttersprache – ich habe nur eine. Es ist toll zu sehen, daß es Zweitsprachler gibt, die sich ebenfalls für meine Muttersprache einsetzen, doch das ist keineswegs die Regel, das muß man schon selber machen. Und ich bin froh um jedes Land, das seine eigene Sprache unterstützt, seine Kultur für wichtig erachtet und seine Traditionen pflegt. Diesbezüglich halte ich viel von Frankreich, viel von Island, und kann Deutschland nur scharf kritisieren. Daß man Deutsch die Sprache der Dichter und Denker nennt zeigt, welche Bedeutung sie in kultureller Hinsicht hatte, und außer Bildung, außer Kultur, außer Wissen hat Deutschland wenig attraktives. Unsere Kultur und die Bildung der Bürger ist der Schlüssel für die Zukunft, und sie ist es, mit der sich ein kleines Land gegen eine aufstrebende Wirtschaftsmacht wie China mit weit über einer Milliarden Bürger, einem entsprechenden Potential in beispielsweise der Forschung, behaupten kann. Hinter unsere Sprache stehen Geschichte, Kultur, stehen Werte, steht ein Volk, und sie ist nie wieder zu ersetzen. Sie ist, neben der Bildung, neben dem Wissen, welches überhaupt erst über die Sprache vermittelt wird, das höchste Gut, das Deutschland überhaupt besitzt. Amerikahörigkeit, hinter anderen hinterherlaufen, seine Sprache und Kultur aufgeben, ist daher das schädlichste, was man Deutschland überhaupt zufügen kann. (Das ist natürlich diskutabel, und keineswegs muß man meine Ansicht diesbezüglich teilen.)
> Nehme ich ausländische Begriffe in meinen alltäglichen Wortschatz auf, ist
> das nicht in Ordnung. Nehme ich ausländische Kunst in meinen
> alltäglichen Kunstbedarf auf, ist es das?
Wieso ist das nicht in Ordnung? Wenn es sprachbereichernd ist, ist es sogar positiv, wie ich finde; wenn es sprachverarmend und verdrängend ist, wenn man sich damit nur grammatikalische und orthographische Probleme einhandelt, wenn man damit seine Sprache verschandelt, dann sehe ich keinen Nutzen darin.
Und wieso sollte es nicht in Ordnung sein, ausländische Kunst in seinen "Kunstbedarf" aufzunehmen? Deswegen werden in Museen nicht sogleich alle deutschen Kunstgegenstände verbrannt. Denglisch aber beispielsweise ist weder eine andere Kultur, noch erweitert es die deutsche Sprache, sondern ersetzt deutsche Wörter, beraubt der Sprache ihrer Ausdruckskraft. Und ganz nebenbei ist Denglisch auch keine Weltsprache, keine Lingua franca, sondern ein unschöner und vor allen Dingen dumm-dämlicher Mischmasch aus verarmenden Anglizismen und Scheinanglizismen in einer verstümmelten deutschen Sprache.
Auch Fremdsprachen zu lernen ist wichtig, und gerade gebildete Menschen können zumindest rudimentär mehrere Sprachen verstehen. Fremdsprachen sind fremde Kultur, und es kann Spaß machen, eine fremde Sprache zu lernen, sich mit ihr zu verständigen und mit anderen Kulturen zu beschäfitgen. Man kann dabei nicht nur Spaß haben, sondern viel lernen. Nur wer eine Fremdsprache lernt, der verschandelt noch lange nicht seine Muttersprache, wie es der massenhafte Einzug von unnötigen Anglizismen tut.
Englisch als Fremdsprache in den Schulen, dagegen hat niemand was, aber wenn Englisch im eigenen Land quasi über Deutsch gestellt wird, wenn Englisch wichtiger als Lesen und Schreiben wird, dann habe ich etwas dagegen.
Wenn in deutschen Unternehmen Englisch die Unternehmenssprache wird, wenn man mit der Muttersprache im eigenen Land nicht mehr weiterkommt, sogar ausgegrenzt wird und trotz besseren Fachwissens im Beruf Nachteile hinnehmen muß, dann habe ich etwas dagegen.
Deutschland ist ein Kulturnation, und damit ist die Sprache ein ganz wichtiger Identifikationsfaktor, ganz anders als in einer Staatsnation wie beispielsweise den USA. Die eigene Muttersprache hochzuhalten, sie zu pflegen, sein Land als Heimat zu betrachten, seine Kultur zu schätzen, das bedeutet alles noch lange nicht, daß man sie über andere Kulturen und andere Sprachen zu stellen hat. Das würde man radikalen Nationalismus nennen. Das wäre Chauvinismus.
Zum Abschluß noch ein guter Artikel über Englisch und Deutsch in der Wissenschaft:
http://www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/2633/