Willkommen im #Neuland
Login wie bei quake.ingame.de zuvor, die Passwörter aus der alten Datenbank wurden aber gelöscht - einmal hier neu anfordern.
Wer seine E-Mail-Adresse nicht mehr hat oder kennt, bitte eine Nachricht mit Infos schicken o. im Discord melden.

PQ Discord Server: #planetquake                                                                                                                                         Spenden? Hier entlang!

[Poetologie] Benns "Ein Wort"

Ein Forum für Diskussionen rund um die deutsche Sprache.
Antworten
Pater Sion

[Poetologie] Benns "Ein Wort"

Beitrag von Pater Sion »

Wie soll ich jemandem erklären, dass das Gedicht poetologischen Charakter hat, wenn nicht über Benns Biografie?
agra

Beitrag von agra »

Zur eigentlichen Frage kann ich nichts sagen, allerdings erlaube ich mir, das Gedicht hier einzubringen, damit jeder gleich weiß, wovon hier überhaupt geredet wird.
Mir ist das Gedicht neu, ich finde es sehr schön.
Vielleicht kannst du etwas mehr dazu sagen, da du dich ja offenbar näher damit beschäftigt hast?

[font=georgia]Ein Wort

Ein Wort, ein Satz -: aus Chiffren steigen
erkanntes Leben, jäher Sinn,
die Sonne steht, die Sphären schweigen,
und alles ballt sich zu ihm hin.

Ein Wort - ein Glanz, ein Flug, ein Feuer,
ein Flammenwurf, ein Sternenstrich -
und wieder Dunkel, ungeheuer,
im leeren Raum um Welt und Ich.

Gottfried Benn[/font]

Bild

Quelle: http://www.gedichte.vu/ein_wort.html

Hier noch ein Link zu seiner Biografie bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Gottfried_Benn

Nachtrag:
Aus einem mir unerklärlichen Grund kann ich hier kein Bild direkt verlinken.
Ich werde mal im Supportforum nachfragen.
:o

Nachtrag 2:
Nun geht's!
Dank geht an EviLsEyE!
:)
Pater Sion

Beitrag von Pater Sion »

Nun, was soll ich dazu sagen?
Benn hat sich, abgesehen von seinen schockierenden Gedichten über tote Körper, auch mit Sprachkritik und -skepsis auseinandergesetzt.

Meiner Ansicht beschreibt er in seinem Gedicht, was die dichterische Schöpfung auslösen kann: ein Wort öffnet ganzen Welten, da es eine apperzeptive Ergänzung erfährt. Möglich ist das durch die Grenzenlosigkeit jedes Worts (einige sprechen dieses dem Wort "Ich" nicht zu, ich denke aber das verhält sich genauso), da Laut-Zeichen-Funktionen immer abiträr(Saussure) sind.
Das Wort krümmt Zeit und Raum, bekommt sogar einen metaphysische Moment (vgl. 3f). Das Wort nimmt alles in sich auf.
Sprung zur sechsten Zeile:
Der Gedankenstrich beendet das Spektakel.
Zurück bleibt nur der Schöpfer, das Ich und die formbare, tote Welt, die erst wieder durch das Wort erweckt wird.

Die Interpretation ist sehr grob. Ich hoffe dennoch verständlich. Ich bin mir auch nicht ganz sicher, da es auch möglich wäre, dass es keine Poetologie ist (siehe Frage oben). Vielleicht kann man diese Frage auch gar nicht abschließend klären, aber wenn mir jemand helfen könnte diese These logisch zu erklären und in schöne Worte zu kleiden, wäre ich dankbar. :)
Cpt. Bligh

Beitrag von Cpt. Bligh »

Ich bin bei sowas eigentlich schlecht, studiere kein Germanistik, wage es aber trotzdem mal, vielleicht den einen oder anderen ansatz herauszufinden, bei fehlern also milde walten lassen bitte ;)

Was passiert wenn ich die Interpunktion mit einbeziehe?
Gerade daraus kann man vielleicht den sprachkritischen Charakter ausarbeiten.

"ein Satz" würde ich hier als Apposition sehen wollen.
Der Doppelpunkt leitet die Aufzählung der Eigenschaften ein, die dem Bestandteil der Sprache, nämlich dem Wort, beigemessen werden. Aufzählung stimmt auch mit der verwendung der Kommata überein. In der ersten Strophe fällt auf, dass er die Charakteristiken eines Satzes hat. Hier finde ich Subjekt Prädikat Objekt in der Aufzaehlung.
Im gegensatz dazu fehlt das Prädikat vollstaendig in der zweiten Strophe.
Diesmal wird die Aufzaehlung nach dem Gedankenstrich nicht durch ein Doppelpunkt neu begonnen sondern direkt weitergeführt und zwar nicht durch Sätze sondern durch "ein-Worte". Der Bindestrich leitet hier eine Assoziationskette ein, hineinsteigert zum immer helleren um dann von ein einem weiteren Bindestrich beendet zu werden. Die Helligkeit wird nun abgelöst durch Dunkelheit, das was durch das Wort ausgelöst wird ist nun erloschen. Zurück bleibt eine unheimliche leere.

Zu deiner aussage:
"Zurück bleibt nur der Schöpfer, das Ich und die formbare, tote Welt, die erst wieder durch das Wort erweckt wird."

Ich würde gerade das Gegenteil behaupten wollen. Alles um die Welt und um das Ich ist dunkel und leer, nicht die Welt selber. Gerade durch das "und" ist eine Verbindung zwischen "Welt" und "Ich" gegeben. Wenn du also sagst tote Welt ist auch das Ich tot. Und wo nimmst du den Schöpfer her?

So ende des diletantischen Beitrags ;)
Pater Sion

Beitrag von Pater Sion »

Vielleicht habe ich mich unklar ausgedrückt:
Es möchte herauszufinden, ob Benn mit diesem Gedicht sein eigenes Schaffen reflektiert.
Ich finde schwierig, es ganz sicher zu behaupten - ohne dabei auf die Biografie hinzuweisen.
Aus dem Gedicht selber ließen sich nämlich auch andere Schlüsse ziehen.
Antworten