Wo liegt genau das Problem einer wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich? Ich finde, dass diese Darstellung paradoxe Folgen hat.Wo die Statistik bei weniger als neunhundert Euro im Monat von Armut spricht, bedarf es angesichts des Elends in der übrigen Welt einer besonderen Anstrengung, um sich das Drama der Armut in der Wohlstandsgesellschaft vor Augen zu führen. Die Zahlen des Sozialberichts der Bundesregierung geben nur dürre Hinweise.
Die Statistik nennt immerhin 13,5 Prozent Arme unter der Gesamtbevölkerung und auf der anderen Seite beachtliche 1,6 Millionen Bürger die mehr als fünfhunderttausend Euro besitzen, eine halbe Million mehr, als 1998 gezählt wurden. Man kann dieses vage Gesamtbild, wie es der Sozialbericht tut, in viele Aspekte auffächern, als wichtigste Tatsache aber muß die Vergrößerung des Abstands zwischen Arm und Reich erscheinen. Man kann von Deutschland kaum mehr als von einer sozial homogenen Gesellschaft sprechen.
Wenn das untere Fünftel 5% Zuwachs hat, das obere Fünftel keinen wird dies gemeinhin als positiv bewertet. Wenn nun das obere Fünftel 10% Zuwachs hat, wird dies als negativer Trend gedeutet. Warum? Ist es nicht vorteilhaft, dass beide Seiten wachsen? So lange es allen besser geht und keiner unter absoluter Armut zu leiden hat sollte man doch über jeden Zuwachs zufrieden sein.