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Demokratie in den USA immer noch plausibel?

Für alles rund um Politik, den Wahlkampf, die Parteien und die Kandidaten...
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Chr1z
Razor
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Demokratie in den USA immer noch plausibel?

Beitrag von Chr1z »

Nach den jüngsten Enthüllungsskandalen leidet mein Ansehen der Demokratie in den USA sehr.

Mal ganz von dem dämlichen Zwei-Parteien System abgesehen, ist der Geheimdienst immer an der Macht. Meines Erachtens nach zieht dieser mehr Fäden als der Präsident. Gewählt hat diesen natürlich keiner.

Weiter hat die "gewählte" Regierung unmengen Verpflichtungen den Companies und deren Interessensverbänden gegenüber. Sind es ja diese, die den Wahlkampf finanzieren und damit überhaupt erst einen Wahlsieg ermöglichen.

Was am Ende übrig bleibt ist Augenwischerei, Schauspielerei und Vorgaukelei einer Demokratie bzw Volksherrschaft. So eine gibt es in den USA nicht.

Davon abgesehen ist Edward Snowden mein ganz persönlicher Held.
Solches selbstlose Handeln nach eigenen Moralvorstellungen verdient meinen höchsten Respekt!
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Gustavo
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Beitrag von Gustavo »

Das Problem ist, dass ihr alle glaubt, die Amerikaner sehen es im Großen und Ganzen wie ihr: Tun sie nicht. Die großen Verschiebungen in der öffentlichen Meinung kommen nicht dadurch zustande, dass immer mehr Informationen über den Grad der Überwachungen ans Licht kommen; sie kommen dadurch zustande, dass sich die Regierung ändert. Demokraten hatten große Probleme mit Überwachung, solange der Präsident George Bush hieß und Republikaner sind ein bisschen weniger enthusiastisch, jetzt wo er Obama heißt, aber beide äußern sich mehrheitlich positiv.

Das wirkliche Problem ist eher die Sache mit den Wahlkampfspenden und der Tatsache, dass die USA ein politisches System mit zwei Parteien haben, von denen sich beide für die Meinung am unteren Ende des Einkommensspektrum überhaupt nicht und eine selbst für die Meinungen im mittleren Einkommensspektrum nur marginal interessieren. Larry Bartels hat das schön in Unequal Democracy beschrieben. Was ich allerdings nicht so ganz verstehe: Warum interessiert Europäer das? Genauso die Überwachung, als Europäer sehe ich keinen wirklichen Wirkmechanismus, über den das mein Leben beeinträchtigen könnte. Da wäre ich als US-Amerikaner viel skeptischer.
TheDoat
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Beitrag von TheDoat »

Gustavo hat geschrieben:Warum interessiert Europäer das? Genauso die Überwachung, als Europäer sehe ich keinen wirklichen Wirkmechanismus, über den das mein Leben beeinträchtigen könnte. Da wäre ich als US-Amerikaner viel skeptischer.
Weil die eben weltweit Daten sammeln.

Zudem gibt es unter den Geheimdiensten Zusammenarbeit. Es ist anzunehmen, dass wenn du bei der NSA gelistet bist, weil du per Zufall die falschen Key-Words benutzt hast, das irgendwann auch dem Geheimdienst in deinem eigenen Land bekannt wird. Damit hast du den selben Effekt, wenn auch über Umwege, den die US-Bürger fürchten sollten.

Des Weiteren spionieren die Amis nicht nur Zivilisten aus, sondern auch auch Unternehmen und andere Regierungen. Dadurch erfahren die Amis potenziell alles, was hierzulande per Überwachung über dich herausgefunden wird. Womit wir wieder beim selben Effekt, wenn auch über Umwege, wären.
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Gustavo
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Beitrag von Gustavo »

Selbst wenn das so einfach funktioniert, was ich ehrlich gesagt für zweifelhaft halte: Wo ist da der Wirkungsmechanismus? Dass das BfV meine Daten hätte* ist eine Sache, aber wo soll da die Wirkung sein? Im schlimmsten Fall landet man auf einer Sperrliste für US-Einreise oder der No-Fly List, aber selbst das erscheint mir recht unplausibel, wenn die tatsächlich meinen gesamten Kontakt überwachen könnten. Ich verstehe nicht ganz, warum die Leute alle immer so tun, als wäre man wegen dieser Prism-Geschichte immer zwei falsche Keywords davor, zu Emmanuel Goldstein gemacht zu werden, das ist doch völlig absurd. Die Amerikaner sind nicht so blöd, als könnten sie nicht halbwegs zwischen gefährlich und ungefährlich unterscheiden (mit ein paar Fehlern in der Grauzone). Wenn ich zufällig Gustav Al-Islam hieße und zweimal im Jahr Urlaub im Jemen machen würde, sähe ich wohl woher die Aufregung kommt, aber davon ist der durchschnittliche Europäer ja nun doch ziemlich entfernt.



*Übrigens: Das ist für die sowieso nicht sonderlich schwierig; Gerichte sind mit den Entscheidungen zu diesen Fragen nicht selten überfordert, ob das jetzt ein Amtsgericht hier ist oder der FISC in den USA
freesta
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Beitrag von freesta »

1. Ich halte es, selbst für einen gesunden Egoisten, mittelfristig recht gefährlich, sich erst dann Sorgen zu machen, wenn es einem selbst an den Kragen geht. Der Gedankengang "Hey, ich heiße ja nicht Gustav Al-Islam, was interessiert mich das also" ist ja schon etwas kurzsichtig.
2. Dass ein Geheimdienst bzw eine Regierung präzise zwischen Gut und Böse, zwischen gefährlich und ungefährlich unterscheiden kann, ist auch nicht unbedingt beruhigend, denn das nützt alles nichts, wenn sich erstmal ein Unrechtsregime etabliert hat. Ich bin sicher, die Stasi konnte auch sehr gut zwischen "den Bösen" und "den Ungefährlichen" unterscheiden.

Was ich mich eher frage ist, was man dagegen tun soll, egal ob jetzt als US-Amerikaner oder Europäer? Ich kann mir absolut kein Szenario vorstellen, in dem der Staat darauf verzichten würde, mächtige Werkzeuge wie Internetüberwachung zu installieren und auszubauen.
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Gustavo
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Beitrag von Gustavo »

Zu 1: Ok, das ist aber nicht was ich gesagt habe. Ich habe mich darüber gewundert, dass das in Europa so hohe Wellen schlägt, obwohl die meisten (sowas wie 99,9%) Europäer genau mit dieser Begründung ein Desinteresse ziemlich stringent rechtfertigen könnten. Dass das nicht passiert, wundert mich ehrlich gesagt, zumal mir da ein paar Themen einfallen (ganz vorne ist Klimawandel), bei denen viele genau die Art von (von dir unterstellter) Kurzsicht an den Tag legen, die aber im Gegensatz zu Prism schon ein reales Problem darstellen, wenn einfach alles so weiterläuft wie bisher.
Deine Unterstellung ist allerdings nicht unberechtigt: Prism erscheint mir nicht als allzu großes Problem. Wenn ich wählen könnte, ob man das Programm einstellen sollte oder nicht, würde ich einstellen, aber das wäre auf meiner Liste "Probleme der US-Politik, die es zu lösen gilt" sicher nicht mal in der Top 10 oder so.
Es wäre übrigens ganz einfach, als US-Amerikaner etwas gegen das Programm zu tun: Unmut äußern. Ich würde jede beliebige Summe mit dir wetten, dass für Barack Obama (genau wie für George Bush) nur zwei Kalkulationen eine echte Rolle spielen: Erstens wie die öffentliche Meinung das Thema zur Zeit aussieht und zweitens wie sehr man sich durch das Abstellen politisch verwundbar macht. Die Polarisierung in den USA macht es fast jedem Präsidenten unmöglich, so ein Programm einfach so abzustellen. Das kann erst funktionieren wenn es eine politische Mehrheit gibt, die so überzeugt von der Schädlichkeit von Programmen wie Prism ist, dass der Präsident keine Angst haben muss, bei Wahlen abgestraft zu werden, falls tatsächlich wieder ein Anschlag passieren sollte und seine politischen Gegner damit Wahlkampf machen, dass dieser Anschlag vielleicht hätte verhindert werden können, wäre Prism nur weitergelaufen. Die einzige Alternative dazu wäre jemanden zu wählen, der eine sehr starke ideologische Abneigung gegen solche Programme hat (bspw. Rand Paul), aber ich sehe nicht wie das passieren könnte, sollte diese Mehrheit nicht sowieso schon existieren.
Als Europäer kannst du meiner Meinung gar nichts dagegen tun.



Zu 2: Wenn das Gegenargument "wären die USA ein Unrechtsstaat wie die DDR" ist, sehe ich überhaupt keinen Grund mehr, sich irgendwie über Prism aufzuregen. Sind sie nicht, gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass sie es jemals werden. Was eine Demokratie ausmacht und wie sie gefährdet wird ist mittlerweile ziemlich gut erforscht, insofern muss man da nicht unbedingt spekulieren und für die USA gibt es nach keinem gängigen Muster irgendeinen Hinweis darauf, dass die Gefahr besteht, die USA könnten aufhören eine Demokratie zu sein.
Dass das eine ziemlich absurde Argumentation ist, siehst du doch irgendwie schon daran, dass die meisten Leute sich über sowas wie Prism aufregen, die hohen Militärausgaben der USA aber nur augenrollend abtun. Wenn die USA wirklich ein Regime werden würden, empfände ich die militärische Überlegenheit der USA als sehr viel drängenderes Problem als die Tatsache, dass sie über Bürger eines Nicht-Unrechtsstaates Daten sammeln können.
Stuka

Beitrag von Stuka »

Usa is einfach.
Haltstop
Gebannt
Beiträge: 8
Registriert: Sep 2013

Beitrag von Haltstop »

Also meiner Ansicht nach ist die USA keine Demokratie. Das Land wird offensichtlicher als jedes andere von Unternehmen gesteuert.
Im Prinzip unterscheidet, bzw. wählt man nicht irgend eine Partei oder politische Gesinnung, sondern eine Lobby.

Gruß
Haltstop
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